Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Das 32. Lied

Ein anderes Marter=Lied von einem Hans Schlaffer genannt, welcher zuvor ein Meßpfaff gewesen, und darnach zu Schwatz enthauptet worden. Anno 1527.
In eigner Melodey. (13)

1
Ungnad begehr ich nicht von dir,
O Gott, wollst mir
Mein` Sünden nicht zumessen,
Dieweil dieselben Christus hat
Genug erstatt,
Eh dann ich bin gewesen.
Ein Feind war ich,
Du liebtest mich,
Und nahmst mich an
Zu Gnaden schon,
Gabst mir zu gut
Dein`s Sohnes Blut
Welch`s mich von Sünd und Tod erlösen thut.

2
Wiewohl ich noch empfind Anstoß
Von Sünden groß,
In meinem Fleisch sich übet,
Das Gut ich nicht vollbringen kann,
Das Böß verlahn,
Das mich so hart betrübet.
Darum schrey laut,
Ich arme Haut,
Aus Herzens Gier
Wer wird mich schier
Erlösen aus
Des Jammers Strauß,
Und helfen aus dem Todtenhaus.

3
Dank sag ich dir Christe allein,
O Vater mein,
Du bist mein Trost auf Erden.
Dann so im Glaub bin eingepflantzt,
So hoff ich gantz,
Verdammt kann ich nicht werden.
Der Geist ist bereit,
Dem Fleisch ist leyd,
Und ist so schwach,
Daß es nicht mag
G’nug thun dem G’setz,
Bis daß zuletzt
Christus durch seinen Geist ergetzt.

4
Wo Menschen=G`setz auf Erd regiert,
Werden verführt
Die elenden Gewissen.
Wo nicht allein Regierer ist
Herr Jesu Christ,
Es bleibt ewig zerrissen.
Was er nicht baut,
Und selbst zuschaut,
Mag nicht bestehn.
Ja ob es schon
Die Welt groß acht,
Treibt damit Pracht,
So bleibt es doch von Gott verschmäht.

5
Derhalben bitten wir mit ein,
Alt, jung, groß, klein,
Daß sich Gott unser erbarme,
Und send uns treue Prediger
Und Ausspender
Seiner Gaben uns Armen.
Dadurch zuhand
All Menschen=Tand
Werd ausgereut,
Dann es ist Zeit,
Recht Buß zu thun,
Vom bösen lan
Gott`s streng Gericht ist auf der Bahn.

6
So laßt uns nun haben Zuflucht,
Ins Vaters Zucht,
Von Herzen gar ergeben,
Daß er uns züchtig als sein Kind,
Die Welt ist blind,
Sie kennt kein Christlich Leben.
Es ist ihr Scheutz,
Und fleucht das Creutz,
Und meynt, es sey
Genug dabey,
Wenn sie davon
Fein reden kann,
Doch mit der That will niemand dran.

7
Wer nun ein rechter Christ will seyn,
O Bruder mein,
Der muß Christum anlegen,
Sein`r armen G’stalt gleichförmig werd,
Auf dieser Erd,
Darin`n alles verwegen.
Es hilft kein Schein,
Nur Lieb und Pein,
Um Christi Nam,
Dich deß nicht schäm,
Dem er sich hat
Durchs Wiederbad
Ergeben bis gar in den Tod.

8
Es wird fürwahr nichts anders draus,
Des Herren Haus
Das G’richt zuvor muß dulden.
Darum nehmt der Geschrift wohl wahr,
Wie sie so gar
Ausbricht und zählt ihr Schulden.
Zu dieser Zeit, ist nimmer weit,
Der Welte Plag, flieh wer da mag,
In schneller Eil, nehm ihm kein Weil,
Zückt ist das Schwert, aufgelegt der Pfeil.

9
Ich mein aber kein ander Flucht,
Dann`s Vaters Zucht,
Wie ich erst hab erzählet,
Damit er uns als Kinder sein
Rechtfertigt fein
Darzu er uns erwählet,
Verzeichnet schon,
Daß wir daran
Seyen vergewißt, ohn arge List,
Zum ewigen Reich,
Und mit ihm leben ewiglich.
Amen.
Laus Deo.