Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 26. Lied

Ein ander Marter=Lied von zwölf Personen, auf einen Tag zu Bruck an der Mauren gericht.
Im Ton, wie man die Tagreis singt. (4)

1
Was woll`n wir aber singen,
Allhie zu dieser Frist,
Zu Bruck von g`schehnen Dingen,
Wie es ergangen ist,
Zwölf Evangelische Person
Den Tod leiblich empfangen,
Mit Freuden g`nommen an.

2
Bruck, dir ist Glück entronnen,
Daß du uns g`fangen hast,
Die Sach nicht recht besonnen,
Dir selbst aufg`legt ein Last,
Du wirst sie von dir bringen schwer,
Weißheit ist dir zerronnen,
Du hast es kleine Ehr.

3
Ein`n Bürger ich euch nenne,
Der saß in der Verhör,
Gott wird denselben kennen,
Man führt ein`n Schuhknecht her,
Der fing von Gott zu reden an,
Der Bürger Antwort gabe,
Thät ihn`n nicht wohl anstahn.

4
Der Diener fragt die Herren,
Aus sanftmüthigem Muth,
Was Ursach sie da wären,
Zu richten Fleisch und Blut,
Seyd ihr Herren der Wahrheit schon?
Sie hiessen ihn ein`n Narren,
Er sollt schnell vor sich gohn.

5
Die Frommen waren gangen
Vom Rathhaus aus der Stadt,
Ohn Band und ungefangen,
Daß man gesehen hat.
Gott grüß die Wallstadt und den Ort,
Heut woll`n wir auf dir leiden
Wohl um das göttlich Wort.

6
Ihr Herrn von Bruck sollt wissen,
Und seht euch eben für
Ihr seyd gar hoch beflissen,
Glück liegt euch vor der Thür
Hört auf mit uns, und laßt darvon,
Unschuldig Blut zu richten,
Gott wird es rächen schon.

7
Bruck wollt sich gern ausreden,
Wendt für der Fürsten G’walt,
Es bleibt nicht unterwegen,
Was ihr Mandat inhalt,
Wiewohl der Fürst weiß wenig drum,
Die Gelehrten thun erdichten,
Daß fromm Leut kommen um.

8
Ihr Bürger wollt nicht weynen
Ueber unser Fleisch und Blut.
Gott thut uns gnädig meynen
Den haltet wohl in Hut.
Gott erleucht den Landsfürsten schon,
Daß er ihn lern erkennen,
Mit uns erlang die Kron.

9
Ein`n Ring thät man da machen,
Als noch Gewohnheit ist,
Die Freund thät wenig lachen,
Hilff uns, Herr Jesu Christ.
Sie fielen nieder auf ihre Knie,
Und baten inniglichen
Zu ihrem Vater treu.

10
Sie stunden auf mit Freuden,
Und rüsten sich zum Schwerdt,
Der Nachrichter in Leyden
Kein`s Richters Ehr begehrt.
Biß getrost, lieber Freunde mein,
Gott will dir hie verzeihen,
Und uns dort gnädig seyn.

11
Der jüngst der bat von Herzen
Sein Brüder zu der Stund,
Zuerst litt er den Schmerzen
Küßt sie an ihrem Mund.
Gott segne euch, liebe Brüder mein,
Heut woll`n wir bey einander
Im Paradiese seyn.

12
Neun Männer man enthauptet
Auf einem Anger grün,
Ihr Herz war unberaubet
Ich sah sie nieder knien,
Ueber das Schwerdt gossens ihr Blut,
Wohl um der Wahrheit willen,
Gott hab ihr Seel in Hut.

13
Drey Fräulein man ertränket,
Ist kund und offenbar
Von Gott ihr keine wanket.
Das sag ich euch fürwahr
Die jüngst lachet im Wasser schon,
Das hat sehr wohl gesehen
Gar mancher Biedermann.

14
Ich sah sie z`sammen begraben
Wohl in ein Grube tieff,
Viel Weinens sich ergabe,
Manch Mensch zu Gott auch rieff,
Gott geb den Seelen ewig Ruh.
Mich deucht das aller beste,
Daß man nicht Unrecht thu.

15
Da sprachen auch die Tollen:
Es ist des Teuffels G’fehrd,
Sie stecken Boßheit volle,
Ist keiner, der sich bekehrt,
Sie schmächten Gott im höchsten Thron,
Dem Antichrist hond sie gedienet,
Der wird ihnen geben den Lohn.

16
Die Sach die ward vollbrachte
An einem Freytag fruh,
Unb`sonnen, unbedachte,
Viel Herren ritten zu,
Und zogen traurig wieder ab.
Ich kanns nicht all beschreiben.
Wie ich`s gesehen hab.

17
Allein woll`n wir Gott danken,
Der sie erhalten hat,
Der laß uns auch nicht wanken
Von seiner großen Gnad.
O Herr, auch unser Herz bereit,
Daß es bis an das Ende
Von dir nicht werd gescheid`t.