Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 24. Lied

Ein ander Marter=Lied, von einem genannt Mattheiß Zerfaß, zu Cölln gefangen, mit der Gemeine verrathen.
Im Ton: „All die ihr jetzund leidet Verfolgung und Trübsal, ⁊c. (7)

1
Hinweg ist mir genommen
Mein Freud in dieser Zeit,
In Aengsten bin ich kommen
Im Herzen Traurigkeit.
Darum thu ich dieß singen,
Aus ein`m traurigen Muth,
Thuts schon nicht zierlich klingen,
So halt mirs doch für gut.

2
Ein Ort wird seyn der Orten,
Thut Esdras melden klar
Mit ausgedrückten Worten,
Ein groß Aufwischung schwar
Wird sich umher erheben.
O Gott, der grossen Pein!
Die frömmlich wollen leben,
Müssen beraubet seyn.

3
Nach allem Propheceyen
Naht sich die letzte Zeit,
In welcher Gott wird freyen
Die ganze Creatur
Und wird zur Freud erheben
Die liebe Kinder sein,
Die sich jetzt willig geben
Unter die Zücht`gung fein.

4
Recht nach des Herren Worten,
Durch echt jetzt in dem Land,
Verfolgt an allen Orten,
Boßheit nimmt überhand.
Die Gottes Wort recht lehren,
Die bringen sie zum Tod.
Wo soll ich mich hinkehren,
Ach Gott in dieser Noth?

5
Im Namen meines Herren
Thu ich die Augen mein
Gegen den Bergen kehren,
Hinauf heb ich sie fein,
Woher mir Hilf thut kommen.
Mein Hilf kommt mir von Gott;
Das hab ich wohl vernommen,
Der alles geschaffen hat.

6
Christe, eil mir zu helfen,
Sprech ich mit Gott`s Gemein,
Er läßt dein Füß nicht schlüpfen,
Der deiner hüt allein
Er thut ja nicht entdücken,
Er schläft auch nimmermehr
Der dein allein thut hüten
Israel, ist der HErr.

7
Halt stät an deinem Herren,
Er ist der Schatten dein,
Bey der Hand er dich führet,
Daß dich der Sonnenschein
Des Tags nicht mag verbrennen,
Des Nachts auch nicht der Mon,
Thu du ihn frey bekennen,
Er hütet deiner schon.

8
Vor allem Uebel und Bösen
Behütet dich der Herr.
Dein Seel thut er erlösen,
Verläßt dich nimmermehr.
Der Herr thut auch behüten
Dein`n Ein= und Ausgang fein,
Des dank ihm seiner Güten
In Ewigkeit allein.

9
Brüder und Schwester=G’meine,
Und sonst ihr Völker all,
Hört nun zu Groß und Kleine,
Was ich euch sagen sall,
Wie sichs hat zugetragen.
Im sechs und sechzigsten Jahr
Thät man zu Cöllen jagen
Die Christeliche Schaar.

10
Nun waren sie gegangen
Zusammen an ein Ort,
Ins Herz da zu empfangen
Das rein göttliche Wort,
Judas war hin gegangen,
Und holt die doppelt Wacht,
Mit Spießen und mit Stangen,
Kamen sie dar mit Macht,

11
Kamen von vorn und hinten
Zum Haus gefallen ein,
Da sie bey einander finden
Das Heerdlein Christi klein.
Das thäten sie da fangen,
Mit Schlagen, Wüten und Zorn,
Wie Schaaf sind sie gegangen,
Mit ihnen auf den Thurn.

12
Recht nach einander alle
Thät man sie schreiben auf,
Darnach in solchem Falle,
Vertheilten sie den Hauf.
Welcher der Lehrer wäre,
Erforschten sie mit Fleiß,
Er sagt es ihn`n selbst klare,
Sein Nam der hieß Mattheiß.

13
Von Christo ihn zu bringen,
Von seinem heilgen Wort,
Thäten sie fleißig ringen,
Versuchtens an manchem Ort,
Mit falschem Trug und Listen,
Mit Bitt und Dräuen hart
Er schlug ab all Papisten,
Darnach er peinigt ward.

14
Vor keiner Pein noch Schmerzen
Hat er sich je erschröckt,
Hielt fest in seinem Herzen,
Was ihm Gott hat entdeckt,
Darnach thät man ihn führen
Des Morgens in die Hacht
Die Wahrheit zu verstören
Ward ihm manch Strick gelagt.

15
Fürs Hochgericht gebunden
Bracht man ihn aus der Hacht,
Kaysers Mandat von Stunden
Ward ihm da vorgelagt.
Da ward er übergeben
Dem Henker in sein` G’walt,
Daß er ihm nehm sein Leben,
Nach des Mandats Inhalt.

16
Tröstlich ließ er sich führen
Wie ein Schlachtschaaf dahin,
Sein Augen thät er kehren
Hinauf zum Himmel hin,
Sein Händ legt er zusammen,
Und sprach: O Vater mein,
Preiß sag ich deinem Namen,
Daß ich deß würdig seyn.

17
Lauffen daher zusammen
Sah man der Völker viel,
Die solch`s zu sehen kamen,
Als wärs ein Wunderspiel,
Etlich hatten Mitleiden,
Sprachen: Ey das ist Schad,
Daß der fein` Mann soll sterben,
O Herr, um solche That.

18
Ein Jungfrau kam gegangen,
Und wolt ihn sprechen an,
Die thäten sie auch fangen,
Und stiessen sie darvon.
Noch ein Knecht wolt ihn grüssen,
Den griffen sie auch an,
Doch thät der Graff bald ruffen,
Man solt ihn lassen gahn.

19
Eh er kam ans Gerichte,
Sah er sich um und sprach:
Ein großes Volk unfrüchte
Hab ich auf meinen Tag,
Solten die all verderben,
Wär Jamm’r und große Klag.
Als er jetzund solt sterben,
Hört wie er weiter sprach.

20
Recht weist du Gott und eben,
Wornach ich hab getracht,
Was ich gesucht im Leben,
Von Anfang Tag und Nacht;
Was ihr mit mir getrieben,
Herr Graff, das wißt ihr wohl.
Ich hab euch all`s verziehen,
Ist aus mein`m Herzen all.

21
So hat ein End genommen
Sein Leben dieser Zeit,
Durchs Schwerdt ist er umkommen,
Lebt doch in Ewigkeit.
Er hat gesäet mit Thränen
Eilend den Samen sein,
Bald wird er wiederbringen
Mit Freud die Garben ein.

22
Rüst euch und bahnt die Strassen,
Macht recht und rein den Weg,
Thut alle Bosheit lassen,
Geht in den engen Steg,
Thut nicht eu`r Leben lieben,
Sonst bringt ihr euch in Tod,
Hiebey laß ichs nun bleiben,
Der Herr geb euch sein Gnad.
Amen.
Laus Deo.