Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 20. Lied

Ein ander Marter=Lied von sieben Brüdern, auf einen Tag zu Gmünd in Schwabenland bezeugt, Anno 1529.
Im Ton: „Ich stund an einem Morgen, ⁊C.“ (4)

1
Kürzlich hab ich vorg`nommen,
Aus meines Herzens Grund,
Das Lob bey allen Frommen
Mein`r Brüder machen kund.
Wie alle Welt jetzt toben thut
Ueber all Gottes Knechte,
Rauben ihn`n Leib und Gut.

2
Gott thät aus Gnaden sehen
Auf aller Menschen Kind,
Groß Lob wir ihm verjehen,
Wir waren alle blind.
Sein heilsams Wort er zu uns sandt,
Daß wir ihm solten glauben,
Meiden all Sünd und Schand.

3
Das Wort thäten bekennen.
Viel Leut in Teutschem Land,
Liessen sich Christen nennen,
Vermieden Sünd und Schand,
Die sollen unverwiesen seyn,
Meynen es sey g’nug mit Worten,
Sie führen falschen Schein.

4
Darnach thät es sich fügen,
Als es Gott recht daucht seyn,
Sein Wort kann nicht betrügen,
Als Esaias schreibt fein,
Sein Werk thut er vollenden schon,
Nicht leer thuts widerkehren,
Er führt auf rechte Bahn.

5
Die doch allhie auf Erden
Ernstlichen trauen thun
Müssen gehasset werden,
Geschmäht mit Wiedertauf,
Als wärens abgefallen all,
Von Gott abtrünnig worden,
Bekehrt zum Belial.

6
Die doch mit Ernst begehren,
Was Gott geboten hat,
Solchs mit der That bewähren,
So viel sein Gnad zulat
Die müss`n jetzt Wiedertäuffer seyn,
O Gott, wollst sie bewahren,
Die Sach ist einig dein.

7
Die doch auch gern verzeihen
Von Herzen jedermann,
Ihr`m Nächsten auch gern leihen,
Und hoffen nichts darvon,
Für ihre Feind sie bitten thund,
Das hat man wohl gesehen
In ihres Todes Stund.

8
Kürzlich ist es geschehen,
Daß mans bewähret hat,
Ihr`n Glauben hat man g’sehen,
Zu Gmünd wohl in der Stadt,
Wiewohl der Feind braucht manche List,
Daß er sie ab möcht führen,
Ihm nicht gelungen ist.

9
Ein`n Knaben hattens g`fangen,
War alt vierzehen Jahr,
In Thurn mit andern gangen,
Ist kund und offenbar
Darin`n er auch gelegen ist,
Gar hartiglich gefangen,
Beynah ein Jahres Frist.

10
Noch bleibt er unbeweget,
Wie oft man zu ihm kam
Mit ihm ward eingeleget
Ein Bruder tugendsam,
Gefangen um ihr Leben frey,
Thäten Gott darin`n loben
Der ist ihn`n g’standen bey.

11
Da es nun Zeit ist g’wesen,
Aus dieser Welt zu gehn,
Hat man ihn’n vorgelesen,
Ob sie ab wollten stehn,
Sie sollten unbekümmert seyn,
Zu ihren Weib und Kinder
Stracks kehren wieder heim.

12
Da thäten sie sich neigen
Zu ihrem Feind geschwind.
Gott haben wir zu eigen,
Auch unser Weib und Kind,
Der sie auch wohl bewahren kann,
Darum laßt von den Worten,
Wir wollen willig dran.

13
Indem kam auch geritten
Zum Knaben in den Ring,
Ein Graff, der thät ihn bitten,
Und sprach: Mein liebes Kind,
Willt du von diesem Irrthum stahn,
Ein Pfründ will ich dir geben,
Und allzeit bey mir han.

14
Sollt ich mein Leben lieben,
Mein`n Gott darum verlahn,
Von diesem Creutz mich schieben,
Das stünd mir übel an,
Dein Gut uns beyd nicht helfen mag,
Ich bin eins bessern warten,
Sprach der Knab unverzagt.

15
In meines Vaters Reiche,
Der mich erwählet schon,
Der wird all Ding vergleichen
Derhalben laß davon,
Der mich allzeit ernähret hat,
Dem will ich G’horsam leisten
Jetzt in der letzten Noth.

16
Zu dem wir sollen schreyen
Aus unsers Herzens Grund,
Daß er uns Gnad verleihe,
Wann kommen wird die Stund
Daß wir getrost scheiden davon,
Daß wir von ihm nicht weichen,
Giebt uns die ewig Kron.

17
Indem ward angefangen
Getümmel und Geschrey,
Mit Spießen und mit Stangen
Die Red gieng mancherley.
Also erlangten sie die Kron,
Durchs Schwerdt sind sie umkommen,
Hats g`sehen mancher Mann.