Ein ander Marter=Lied von einem Weib, sammt ihrem Sohne, welche zu Rotterdam ihren Abschied gethan.
Gehet Im Ton: „Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn, ⁊C. (6)
1
Ein große Freud ist ingemein,
Wo man die liebe Kinder klein
Erzeugt aus Gott dem Herren
Und unterweißt in Gottes Lehr
Auf gute Sitten, Zucht und Ehr
Daß sie die Eltern ehren.
2
Das Annelein Erlaubniß nahm
Von ihrem Sohn zu Rotterdam,
Als ihr der Tod zustunde.
Esias hör mein Testament
Mein letzter Will vor meinem End
Geht jetzt aus meinem Munde.
3
Ich geh auf der Propheten Weg,
Der Märter und Apostel Steg
Ist auch nicht besser g’wesen.
Den Kelch sie haben trunken all,
Christus auch selbst in diesem Fall
Wie ich hab hören lesen.
4
Die Königliche Priester g`mein
Giengen auf diesem Weg allein,
Von Aufgang sind sie kommen,
Auf diesem Weg bestanden sind
Wie Gottes rechte Söhn und Kind,
Das hab ich wohl vernommen.
5
Dieselben unter dem Altar,
Welcher auch ist ein grosse Schaar
In Apocalipsi g’schrieben,
Wie sie ertödtet und ermördt
Und hingerichtet mit dem Schwerdt,
Verfolget und vertrieben.
6
Sie rieffen auf zu Gott, O Herr!
Gerechter und Wahrhaftiger,
Wie lang richtest auf Erden
Unter den Menschen in gemein,
Und rächest nicht an ihn`n allein
Das Blut, so sie mit G’fehrden
7
Vergossen hond an allem Ort,
Die Menschen unschuldig ermordt,
Wollest an ihnen strafen,
Daß sie nicht weiter treiben Schand
Die Deinen jagen aus dem Land,
In ihrer Sünd fortlauffen.
8
Gott gibt ein`m jeden ein weiß Kleid,
Und tröstet sie mit dem Bescheid,
Zu ihn`n noch müssen kommen
Die auch wie sie werden gericht,
Bis daß erfüllet und verricht
Werde die Zahl der Frommen.
9
Die vier und zwanzig Alten fein,
Vor Gottes Thron kommen hinein,
Legten ab ihre Kronen,
Thäten dem Lämmlein Gottes Ehr,
Sammt dem ganzen Himmlischen Heer
Was lebt unter der Sonnen.
10
Diesen Weg auch gegangen sind
Alle die frommen Gottes Kind,
Die den Tauf hond empfangen,
An ihren Stirnen versieglet,
Folgen dem Lamm wo es hingeht,
Dienen ihm mit Verlangen.
11
Solche müssen in diesen Thal,
Und trinken den bittern Kelch all,
Bis die Zahl werd erfüllet
Zion der werthen Gottes Braut,
Die ihm das Lamm selbst hat vertraut
Und den Zorn Gottes stillet.
12
Darum du mein herzlieber Sohn,
Wilt du jetzt meinen Willen thun,
Und folgen meiner Lehre,
Weist du ein Volk, das allen Pracht,
Und Wollust dieser Welt veracht,
Wollst dich zu ihnen kehren.
13
So sie von dieser Welt elend
Verachtet und verstoßen sind
Müssen Christi Creutz tragen,
Und haben keinen sichern Ort,
Drum daß sie halten Gottes Wort,
Thut mans gar oft verjagen.
14
Bey solchen Menschen wohnet Gott,
So von der Welt werden verspott,
Thu dich zu ihnen g’sellen,
Sie weisen dich den rechten Weg,
Führen dich von dem bösen Steg,
Leiten dich von der Höllen.
15
Kein`n Menschen förcht, dein Leben setz
Ganz vor die reine Lehr, verletz
Dein Leib und alles Gute:
Christus hat dich erkaufet theu`r
Erlöset von dem ew’gen Feur
Mit seinem werthen Blute.
16
Dem Herren heilig dich, mein Sohn,
Heilige deinen Wandel schon,
In Gottesfurcht zu leben.
Wo du bist in dem ganzen Land
In allen Werken deiner Hand
Thu Gott nicht widerstreben.
17
Dem Hungrigen theil mit dein Brod,
Laß keinen Menschen in der Noth,
Der Christum thut bekennen.
Den Nackenden du auch bekleid,
Und hab auch mit dem Kranken Leyd.
Thu dich von ihn`n nit trennen.
18
Kannst du nicht allzeit bey ihn`n seyn,
Erzeig den guten Willen dein,
Den G’fangnen thu auch trösten
Den Gast nimm fröhlich in dein Haus,
Und laß ihn niemand treiben draus
So wird dein Lohn am größten.
19
Beyd` Händ dir sollen seyn bereit
Zu`n Werken der Barmherzigkeit,
Zweyfache Opfer geben,
Das sind geistlich und weltlich Werk,
Den G’fangnen löß, den Schwachen stärk,
So wirst du darin`n leben.
20
Das übrig, so dir Gott beschehrt
Mit deinem Schweiß, wirst du gelehrt
Von Gott und den Propheten,
Zu geben Gottes Volk allzeit,
Laß es mit dir werden erfreut,
Gieb dem, der dich thut bitten.
21
Laß ihn nit ung`währt von dir gohn,
So kannst eine gute Hoffnung hon,
Gott werd dich auch begaben,
In seinem Reich auf jener Welt,
Wirds dir zweyfältig zugestellt,
Deß sollt kein`n Zweifel haben.
22
Ein tausend und fünf hundert Jahr,
In dem ein und dreyßigsten gar
Galts Annelein ihr Leben.
Welche in Tugend sanft und mild
Den Christen ein gar schön Vorbild
Im Tod und Leben geben.
Laus Deo.