Ein ander schön Lied und wunderwürdige Geschichte von zweien Weibsbildern, bey welchen Gottes Liebe über alle Dinge, stärker dann der Tod gewesen.
Geht in der Toler Melodey, zu Delden im Niederland geschehen.
Oder, wie man den König in Ungarn singt. (2)
1
Trauren will ich stehen lassen
Und singen mit Begier,
Darum wollt solcher massen
Auch fröhlich sein mit mir:
Die Wunder Gott`s verkünden,
In aller Welt so frey,
Die sich dann jetzt erfinden,
Bey etlich Gottes Kinden
Es ist kein Fantasey.
2
Das weibliche Geschlechte
Hat Gott so hoch begabt
Mit seinem Geist und Rechte,
Daß sie haben geglaubt
Sein`m Wort gar festiglichen,
Wie sie wurden gelehrt,
Und thun davon nicht weichen,
Die Armen samt den Reichen,
So sich zu Gott bekehrt.
3
Ein Tochter jung, mit Namen
Mary Beckom genannt,
Die hat ohn alle Schamen
Die recht Wahrheit erkannt.
Ihr Mutter konnts nit tragen,
Trieb sie drum aus dem Haus,
Diß ward man von ihr sagen,
Dem Stadthalter thät klagen,
Der sendet nach ihr aus.
4
Gosin von Räfeld hatte
Mit sich g`nommen viel Knecht,
Daß er die Jungfrau drate
Vor den Stadthalter brächt.
Auf Beckoms Haus sind kommen,
Sie mußt aufstehn vom Bett
Mit G’walt hat mans genommen,
Viel Leut in grosser Summen
Honds g`sehn und ihr Geschlecht.
5
Zu ihres Bruders Fraue
Sprach die Jungfrau mit Sitt,
Viel guts ich dir vertraue,
Magst du auch ziehen mit,
Und mir Gesellschaft halten.
Jetzund gleich mit mir gan,
Und es Gott lassen walten,
Dich auch nit von mir spalten,
Ich will dich gerne han.
6
Ich will dich nit verlassen,
So Jan von Beckom will,
Und ziehen diese Strassen.
Maria in der Still
Bat ihren Bruder werthe,
Er solts willig zulahn,
Drin`n haben kein Beschwärde.
Sie wöll` seyn ihr Gefährte,
Und gerne mit ihr gahn.
7
Ursel ihr`s Bruders Weibe
Hatt ihres Gemahls Gunst,
Ob sie schon war sein Leibe,
Noch g`wann sie durch ihr Kunst
Ihr`s lieben Hauswirths Willen,
Daß ers ihr nit abschlug,
Thät ihre Bitt erfüllen,
Ihnen ihr Liebe stillen,
Das bracht ihr Weißheit klug.
8
Ursel das edel Weibe,
Gibt in Gefahr und Noth
Aus Liebe ihren Leibe,
Bis in den bittern Tod.
Dann Liebe stärker iste,
Als alle Ding auf Erd:
Höll und Tod müssen weichen,
Auch ander Ding dergleichen,
Die Liebe kommt von Gott.
9
Ihr Mutter ist auch kommen
Aus Frieslanden gar weit,
Wie sie das hat vernommen,
Haben in dieser Zeit
Freundlich an sie gesetzet
Der Mutter Schwester beyd,
Sie blieb gar unverletzet,
Wie hart sie ward verhetzet,
Sie nahm ihren Abscheid
10
Von ihrer Mutter bösen,
Und richt ihr Herz zu Gott,
Sie hatt ihr auserlesen,
Erwählet Schmach und Spott,
Mit ihr Schwester zu leiden,
Was ihr Gott schicket zu,
Sie wolt nicht länger beiten,
Gott half ihr auch selbst streiten,
Gab ihr die ewig Ruh.
11
Gen Deventer geführet
Wurden sie alle beyd
Die Sophisten verwirret
Thäten ihn`n an groß Leyd
Mit ihren g`schwinden Listen,
Lehren sie Menschen=G’setz,
Woltens ihr Leben fristen,
Und werden gute Christen,
Entrinnen diesem Netz.
12
Wir halten Gottes Worte,
Das er uns lehren thut,
Ist unser höchster Horte,
Und nicht das zeitlich Gut.
Den Papst woll`n wir nit hören,
So er nit redt aus Gott,
Noch keine Menschen=Lehren
Die alle Welt verkehren.
Bringen in Angst und Noth.
13
Peter Grebel ist kommen,
Den man beschicket hat,
Der hat sie beyd vorg’nommen,
Und gelehrt an der Statt.
Mit Schrift er nichts erweiset,
Es ging ihn wenig ein,
Wie hoch er sich befleisset,
Wurden sie nit gespeiset,
Sein Lehr war gar nicht rein.
14
Da ers nicht kont umwenden,
Ward er gleich zornig drob,
Thät sie gar übel schänden,
Und redt mit Wörten grob,
Der Teufel red` in ihnen,
Hinweg, hinweg zum Feur
Darin`n solltens verbrennen,
Nit besser sie gewinnen,
Es wird ihn`n noch zu theur.
15
Sie lobten Gott von Herzen,
Der sie hat würdig g`macht
Zu leiden Pein und Schmerzen,
Gnädig an sie gedacht,
Es ist uns drum geschehen
Daß wir Christum allein
Bekennet und verjehen,
Gänzlich auf ihn zu sehen,
Als unseren Eckstein.
16
Zu Delden auf das Hause
Führt man sie schnell behend,
Sie litten manchen Strause,
Wurden doch nicht abg’wendt,
Ein Commissar thät kommen
Aus des Burgunders Hof,
Der redet an die Frommen,
Wie ich es hab vernommen,
Ob`s hielt`n die Wiedertauff?
17
O nein, ein Tauff wir kennen,
Sprachen sie alle beyd,
Thut man ihn anders nennen,
Ists uns gewißlich leid.
Der Gläubig läßt sich wäschen
Einmal nach Christi Wort,
Hält sich vor Koth und Aeschen,
Sein Licht wird nicht erlöschen,
Ob er schon würd ermordt.
18
Die nun hond angezogen
Christum nach seiner Lehr
Ob sie vor hond betrogen,
Thun sie es nimmermehr.
Die hond ein`n Tauff empfangen,
Der ihn`n vor Christo gilt,
Wie hoch der Feind thut prangen,
Ist es also ergangen,
Wie fast man es jetzt schilt.
19
Ein ander Frag auch ware
Ob sie im Sacrament
Auch Christum essen gare?
Darauf habens bekennt,
Wir können Gott nicht essen,
Er ist ins Himmels Thron,
Wir sind nicht so vermessen,
Daß wir sein göttlich Wesen
Solten vor ein Spott hon,
20
Als ob wir Gott selbst haben
In unserm eignen G’walt,
Richten nach dem Buchstaben,
Obs schon Gott nit gefallt,
Und wider sein Wort sichtet,
Noch muß es anders sein,
Viel Ding man dazu dichtet,
Wie uns Christus berichtet,
So ist es nur ein Schein.
21
S. Paulus nennts ein Brodte,
Christus ein Testament,
Damit des Herren Tode
Von uns werde bekennt
Durch diese Ding eingraben
In unsers Herzens Grund,
Mit geistlichen Buchstaben,
Daß wir den Leib schon haben
Durch den Glauben all Stund.
22
Es ist ein geistlich Speisen,
Und ein geistliche G`schrift
Die uns thut unterweisen,
Und unsre Herzen trifft.
Gleich wie ein Testamente
Allein zeugt von dem Gut,
Das dem Erben ernennte,
Darzu er dann bekennte,
Und ihm begnügen thut.
23
Ob er schon noch thut warten
Auf das versprochen Gut,
Thut er nach Glaubens Arte,
Und hat ein`n guten Muth,
Als hätt` ers schon empfangen,
So wohl freut ihn die Gab
Er wartet mit Verlangen,
Bis die Zeit ist vergangen,
Daß aufhöret der Glaub.
24
Aber die Liebe bleibet,
Und herrschet auch allein,
Die Hoffnung auch vertreibet,
So jetzt kommt überein
Mit den geistlichen Kräften,
So stets uns wohnen bey,
Und uns zusammen hefften
In geistlichen Geschäften,
Auf daß es ein Leib sey.
25
Am dreyzehenden Tage
Des Monden Novembris,
Thät mans gar hoch verklagen,
Vor dem Gericht gewiß
Zu Delden da sie stunden,
Mary und Ursel beyd,
Gefangen und gebunden,
Kein Gnad erlangen kunten,
Wurden mit diesem B`scheid
26
Von dem Gericht gewiesen,
Daß mans verbrennen solt.
Gott haben sie gepriesen,
Der sie bewahren wollt.
Viel Leut, die zugesehen,
Weinten ganz jämmerlich.
Sie thäten zu ihn`n sprechen,
Gott woll den Tod nicht rächen,
Wir kommen in sein Reich.
27
Darum sollt ihr auslassen
Von uns die Traurigkeit,
Eu`r Sünd thut vielmehr hassen,
Laßt`s euch seyn herzlich leid.
Es ist ein kurzes Leiden,
Daß wir das Unrecht meiden,
Wir leben recht in Freuden
Entrinnen aller Pein.
28
Der Himmel der steht offen,
Wir kommen bald darein
Das wir gewißlich hoffen,
Darum wir fröhlich seyn.
Mit Christo woll`n wir leben,
Und einander lieb han,
Den Kuß des Friedens geben,
Das neue Reich anheben,
Darein wir jetzund gahn.
29
Wir bitten Gott den Herren,
Der euch zu dieser Stund
Aus Gnad zu sich woll kehren,
Aus eures Herzens Grund,
Euch eu`r Sünd nit behalten
Die ihr erkennet nit
Ihr Jungen und ihr Alten,
Wollet Gott`s Wort behalten,
Ist unser fleißig Bitt.
30
Mariam sie hond g’nommen,
Am ersten hingeführt.
Wie sie zur Richtstatt kommen,
Mit Worten wohl geziert
Hat sie mit keckem Muthe
Die Richter angeredt,
Daß sie unschuldig Blute
Forthin haben in Hute,
Der Fromm` nit wird getödt.
31
Darnach ist sie gefallen
Auf ihre Knie allein,
Gebeten vor ihn`n allen
Daß Gott woll bey ihn`n seyn,
Allein jetzt auf sie sehen,
In dieser letzten Zeit.
Darnach ist es geschehen,
Deß man sich nit versehen,
Daß sie mit großer Freud
32
Auf das Holz ist gesprungen,
Und sich willig bereit,
Gott hat vor sie gerungen,
Dem sie mit Innigkeit
Ihr Seel in seine Händen
Mit Ernst befohlen hat
Er woll sein`n Geist her senden,
Und ihr am letzten Ende
Beweisen Hülf und Gnad.
33
Der Henker übel fluchet,
Die Kette war nicht recht.
Maria sein Heyl suchet,
Und sprach: Ihr habt geschmächt
Und Gott gelästert sehre,
Das sollet ihr nicht thun,
Ihr müßt schwer Rechnung geben,
Drum bessert euer Leben,
Ihr könnt vor Gott nicht b’stohn.
34
Mein Leib nicht würdig iste,
Daß man drum fluchen soll,
Dis thut kein frommer Christe,
Ihr solt das merken wohl.
Also ist sie verschieden,
Die edle Magd so rein,
G`schach manchem Menschen leide,
Sie aber lebt in Freude,
Deß freut sich Gottes G’mein.
35
Ein Predicant zu Delden
Hat Ursel umgewendt
Aber sie hat nit wöllen:
Laßt mich sehen das End
Meiner Schwester getreue,
Mit Ernst gesprochen hat,
Laßt euch das Uebel reuen,
Ich warne euch in Treuen,
Und bitte Gott um Gnad.
36
Als sie zum Feuer kamen,
Redtens mit ihr zu hand,
Und thäten sich nicht schämen
Sprachen: Du jetzt abstand
Und thu dich doch bekehren
Jetzund in dieser Zeit,
Die Wahrheit von uns hören,
Die wir dich wollen lehren,
So wirst mit uns erfreut.
37
Dein Schwester ist verbronnen
Und jämmerlich verzehrt,
Sie hat sich nicht wohl b`sonnen,
Daß sie sich nicht umkehrt.
Ursel thät Antwort geben:
Solt ich das ewig Gut
Verlassen um dis Leben?
Es ist mir gar nicht eben,
Finds nicht in meinem Muth.
38
Ihr solt mich nicht abtreiben
Von Christo der Wahrheit,
Bey ihm geh ich zu bleiben
Bis in die Ewigkeit.
Man wollt sie noch verehren,
Zum Schwerdt sie kommen lon,
Sie that das nicht begehren,
Wie ihr noch werdet hören,
Mein Fleisch ich nicht verschon.
39
Es ist, sprach sie, nicht gute,
Darum`s ihm gar nicht schadt,
Dann all mein Sinn und Muthe
Zu Gott dem Herren staht.
Ein Magd hat sie gebeten,
Jan von Beck grüssen lan,
Sie wollt in ihren Nöthen,
Ob man sie schon wollt tödten,
Ein gute Hoffnung han.
40
Als sie kam an das Orte,
Schlug sie z`sammen die Händ,
Bat Gott mit süssen Worten,
Herr, dich von mir nicht wend,
Du bist ins Himmels Throne.
Der Pfaff sprach, Er ist drin`n,
Ursel antwort ihm schone,
Drum er im Brod nit wohne,
Woll` ihr auch nicht in Sinn,
41
Daß ein allsolcher Gotte
Im Brod zu suchen sey
Brod hilft mir nicht aus Nothe,
Es ist Abgötterey.
Aufs Holtz ist sie gestiegen,
Ein Block gewelzet um,
Der Tyrann sie hat ziegen,
Sie werd nicht b`stehn mögen,
Onein, sprach sie die Fromm.
42
Bey Gott will ich beleiben
Bis an das Ende mein,
Kein Noth soll mich abtreiben.
Also die Schäflein fein
In Gott beyd sind gestorben,
Uns zu einem Beyspiel,
Haben die Kron erworben,
Obs schon den Leib verdorben
So schadt es ihn`n nicht viel.
43
Gott woll`n wir darum loben,
Der solche Gnad und Kraft
Den Menschen gibt von Oben
Der woll uns auch sieghaft
Machen mit allen Frommen,
Zu erlangen die Kron,
Wenn wir in die Prob kommen,
Wie wir haben vernommen
Daß diese hond gethan.
Gott sey der Preiß ewig.
Amen.