Ein ander Marter=Lied von einem alten Mann von 87 Jahren, und einem jungen, welche die Wahrheit zu Amsterdam bezeuget.
Wird gesungen, wie man vom König Lasla singt.
Oder: „Es gingen zwo Gespielen gut.“
Oder: „Es ging ein Fraülein mit dem Krug. (1)
1
Es waren auch zween Brüder gut,
Johann Claß einer hiesse,
Der thät zu Amsterdam sein Blut
Mit ein`m Alten vergiessen.
2
Der war der alte Ihm genannt,
Sieben und achtzig Jahre
Hatt er erreicht ohn alle Schand,
Noch mocht er nicht fürwahre
3
Entrinnen dieser bösen Welt,
Sie wurden beyd gefangen
Darnach auch vor Gericht gestellt,
Da sie dann mit Verlangen,
4
Lieblich haben einander küßt
In rechter Liebes Brunste,
Zu sterben hatten sie ein`n Lust,
Recht sterben ist ein` Kunste.
5
Johann Claß sprach mit Worten fein
Mit ein`m lachenden Munde,
Ich freue mich zu Gott`s Gemein,
Wohl jetzt zu dieser Stunde.
6
Der alte Ihme zu ihm spricht,
Mit Worten also schone,
Mit gar fröhlichem Angesicht:
Uns ist bereit ein` Krone,
7
Die uns doch niemand nehmen wird
Den Schatz aus unserm Herzen.
Zu Christo werden wir geführt,
Nimmt uns ab Leid und Schmerzen.
8
O was vor ein fröhlich Mahlzeit
Wird uns jetzt gar bald werden,
Vor zwölf Uhr werden wir erfreut,
Und g’nommen von der Erden.
9
Derhalben weder Schwerdt noch Feur
Uns soll in Trauren bringen,
Weil uns Gott alles zahlt so theur,
Mit so köstlichen Dingen.
10
Sein Leben gibt er vor das mein,
Sein`n Tod thut er uns schenken
Das soll im Tod unser Trost seyn,
Daran wir allzeit denken.
11
Das gibt uns eine große Kraft,
Sie uns thut fröhlich machen,
Bey uns all` Traurigkeit abschafft,
Weinen verkehrt in Lachen.
12
Der Schultheiß samt dem Richter schon,
Mochtens nicht länger sehen,
Man ward sie von einander thun,
Noch weiter ist geschehen.
13
Der Schultheiß fragt sie an dem Ort,
Ob sie wiedertauft wären?
Der Jan sprach noch nach Gottes Wort,
Einmal nach Christi Lehre.
14
Man gab ihn`n Schuld der Dingen mehr,
Von andern bösen Sachen.
Wie sie mit ihrer falschen Lehr
Zweytracht unterm Volk machen.
15
Wir sind gar nicht all solche Leut,
Wie ihr von uns wolt halten.
Johann der sprach, wir thun allzeit
Den Jungen als den Alten.
16
Was uns dann Gottes Wort vorhält,
Dabey lan wir uns finden.
Zu Gott ist unser Hoffnung g`stellt,
Darwider wir nit könnten.
17
Die sieben Schöpfen er bestellt,
Da ihm zustund sein Leiden,
Ihr`r vier haben das Urtheil g`fällt,
Drey traten ab zur Seiten.
18
Johann rief, als sie hielten Sprach:
O Herr in unser Nothe
Begehren wir gar keiner Rach,
Hub sein Hand auf zu Gotte.
19
O allerliebster Vater mein,
Gib ihnen deinen Geiste,
Wollst ihn`n kein strenger Richter seyn,
Dein göttlich Gnad ihn`n leiste.
20
Also Jan des Lebens beraubt,
Gerichtet mit dem Schwerdte,
Der Leib aufs Rad, auf stöck das Haupt,
Das er doch hatt begehrte.
21
Der alte Ihm zu dieser Fahrt
Sein Freud erzeigt vor allen
Ob er gleich seinen grauen Bart
Durchs Schwerdt mußt lassen fallen.
22
Johannes sprach, Wir gohn in Tod,
Von wegen Gottes Worte
Er hilft uns jetzt aus aller Noth,
Ist unser Schutz und Horte.
23
Ihr lieben Bürger arm und reich,
Ihr wollt uns Zeugniß geben,
Daß wir nit Dieb noch Räuber gleich
Verlieren unser Leben.
24
Wir haben ja gar nit gestellt
Nach ander Leuten Gute,
Noch jemand in ein`n Schaden g`fällt,
Noch tracht nach jemands Blute.
25
Doch soll niemand von uns verstohn,
Daß wir auf die Werk bauen,
Sondern mit dem verlornen Sohn
Auf Gottes Gnad vertrauen.
26
Er rief zu Gott mit lauter Stimm,
Nimm mich zu dir im Frieden,
O Sohn Davids, mein Seel hinnimm,
Also ist er verschieden.
27
Also erlangten sie die Kron,
Der Alte mit dem Jungen,
Gott preisen alle Engel schon,
Alle Geschlecht, und Zungen.
Amen.