Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 15. Lied

Dies hernach gedichtete Marter=Lied ist vom Hansen von Amsterdam, welcher mit viel Andern verrathen, gefangen und umgebracht worden.
Und geht Im Ton: „Rosinfarb war dein Gestalt.“
Oder: „Der Unfall reut mich ganz. Sehr tröstlich zu singen. (9)

1
Ich weiß, wer Gottes Wort bekennt,
Daß der sich viel muß leiden.
Der Hans von Amsterdam zu Gent,
Käskauffer seiner Zeiten
Ist einer g`nannt, der hat erkannt,
Mit noch mehr frommen Leuten,
Daß wer Gott ehrt, und sich bekehrt,
Wird g’haßt zu allen Zeiten.

2
Sie haben einen guten Grund
In Gottes Wort gefunden,
Den sie bekannten mit dem Mund
Zu aller Zeit und Stunden.
Durch Gottes Kraft, sie ganz standhaft
Der Wahrheit Zeugniß gaben,
Dieselb ausbreit, in Freudigkeit,
Deß sie nit g’nossen haben.

3
Man hat sie g’fänglich g`nommen an,
In d’Finsterniß gesetzet,
Lang Zeit darinnen sitzen lan,
Welch`s sie doch nicht verletzet.
In ihrer Noth riefens zu Gott,
Der thät sie gar wohl trösten,
Er gab auch ihn`n Herz, Muth und Sinn,
Da ihr Noth war am größten.

4
Man bracht sie vor den ganzen Nath,
Und thät sie fleißig fragen
Von ihrem Glauben, Lehr und That,
Die Wahrheit solltens sagen.
Der Hans fragt sie, wo sind wir hie?
Was ist das vor ein Hause?
Braucht man hie schlecht G’walt oder Recht,
So soll doch mir nit grausen.

5
Sie gaben ihn`n zur Antwort fein,
Man braucht hierin das Rechte,
Deß sollet ihr wohl sicher seyn,
Das gut wird nicht verschmächte.
Er sprach mit Sitt, Gott wolle nit,
Daß anders werd befunden,
Immer hinfort, an keinem Ort,
Zu keiner Zeit noch Stunden.

6
Warum habt ihr uns fangen lan,
Und unsern Leib fast binden?
Was haben wir übels gethan?
Kann man auch an uns finden,
Diebstahl, Betrug, G’walt oder Lug,
Falsch Schwören und Ehbrechen?
Klaget uns an, was wir gethan,
So woll`n wir vor uns sprechen.

7
Alsbald der Rath zu ihnen sagt,
Man thuts euch nicht beschulden,
Man hat solch`s von euch nicht geklagt,
Wir möchten euch wohl dulden.
Hans sprach gar bald, In was Gestalt
Hat man uns dann gebunden?
Die Antwort ward, Eur Widerpart
Berichts euch zu den Stunden.

8
Wer ist dann unser Widerpart?
Sprach Hans von Oberdammen,
Die uns hie hat verklagt so hart,
Sie mach sich hie beysammen.
Kein Mönch noch Pfaff, wider die Schaaf
Sein Klag anheben konnte.
Wie gach auch war, der Pfaffen Schaar,
Noch hättens keines Grunde.

9
Hans sprach, Ist hie kein Gegentheil?
Was mag doch das bedeuten?
Sie sprachen, Des Kaysers Urtheil
Fällt auf euch in den Zeiten:
Weil ihr sein Rath, und Majestät
Im Mandat thut verachten,
Daß er zu gut, uns allen thut,
Welches ihr gar nicht trachten.

10
Er sprach, Wir widerstreben nit
Dem Kayser noch keim G’walte,
Was Gottes Wort auch bringet mit,
Desselben ich mich halte.
Ists wider Gott, leid ich eh Noth,
Was mir Gott giebt zu leiden,
Dann daß ich sollt, durch Menschen G’bot
Die rechte Wahrheit meiden.

11
Sie sprachen, Es ist offenbar,
Daß ihr zusammen kommen,
Und gebt euch deßhalb in Gefahr
So ihr doch habt vernommen,
Kaysers Mandat, verboten hat
Solches zusammen Lauffen,
An heimlich Ort, das wir hinfort
An euch auch müssen strafen.

12
Er sprach: Der Kayser kein G’walt hat,
Die G’wissen zu regieren,
Daß er sich darzu brauchen lat,
Thut er sich selbst verführen.
Dann Gott allein, soll man in G’mein
Den höchsten G’horsam leisten.
Sein G’setz allein, bewahren rein,
Vom mind`sten bis zum meisten.

13
Sie haben mit viel Worten mehr,
Gar hart auf sie gedrungen,
Die G’fangenen betrübet sehr,
Doch seynd sie nit gezwungen
In Ungedult, dann Gottes Huld,
Hats in der Schmach erhalten,
Wurffen d’Perlein nit vor die Schwein,
Ließen allein Gott walten.

14
Die Pfaffen mit ihr`r falschen Lehr
Wider die Wahrheit stritten,
Erlangten aber kleine Ehr,
Drum sie zu allen Zeiten
Begehren Rach, trachten darnach,
Wie sie`s möchten hinrichten,
Wie g`schehen ist, in kurzer Frist
Darauf sie thäten dichten.

15
Das Urtheil über sie gefällt,
Die Männer sollten sterben,
Darzu von Gott seyn auserwählt,
Daß sie sollten erwerben,
Der Märter Kron, ins Himmels Thron.
Die Procuratör haben
Das Urtheil g`schwind ihnen verkündt,
Wie es die Herren gaben.

16
Weil sie so viel gelehrte Leut
Nicht haben wollen hören,
Und blieben sind in ihrem Streit,
Sich auch noch nicht bekehren,
Noch sich gewendt: so sey erkennt
Durch ein ehrbar Gerichte,
Daß sie nunmehr, als falsch Ketzer,
Im Feur werden vernichte.

17
Hans antwort ihn`n darauf gar bald,
Wir sollten offenbare,
Vor jedermann gesprochen han
Und disputirt fein klare
Mit den G’lehrten, daß man alsdenn
Gehört hätt und gesehen,
Wer die Wahrheit, hätt vorgeleit,
Ist aber noch nicht g`schehen.

18
Die Procuratör an der Statt,
Haben ihn`n Antwort geben:
Es ist jetzunder schon zu spat,
Zu fristen euer Leben.
Sie wurden fort, zum andern Ort
Geschicket zu der Stunde,
Sie giengen hin, mit ringem Sinn,
Gleich mit lachendem Munde.

19
Vor Freuden man sie springen sah,
Sie sollten sich ausziehen:
Welch`s dann in kurzer Zeit geschah,
Zu Gott sie thäten fliehen.
Sie redten fort, aus Gottes Wort,
Bis mans an Pfahl hat bunden.
Haben bekennt, bis an ihr End,
Den Herren mit den Munden.

20
Da man zählt fünfzehn hundert Jahr
Und fünfzige merk eben,
Zu Gent die theuren Männer gar
Sah man den Geist aufgeben,
Opferten Gott, in ihrer Noth
Ihr Seel und leiblichs Leben,
Dafür ihn`n hat, Gott durch sein Gnad
Gar viel ein Bessers geben.

21
Also wird das unschuldig Blut
Verdammt und auch vergossen,
Bis Christus wieder kommen thut.
Der wird sein` Hausgenossen
Erlösen all, aus viel Trübsal,
Und führen sie zusammen
Aus großem Leid, in ewig Freud,
Durch Jesum Christum,
Amen.