Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Das 132. Lied

Ein schön neu geistlich Lied, von einem frommen Christen, Hans Landis, am Zürich=See, wie er zu Zürich gerichtet, und seinen Lauf ritterlich vollendet.
— Geschehen an St. Michaels Tag, in dem Jahr 1614.
In der Weis: „Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn. (6)

1
Ich hab ein schön neu Lied gemacht,
Und mich geflissen Tag und Nacht,
Dasselb von neuem g’sungen,
Von einem frommen Christen gut,
Hans Landis man ihn nennen thut,
Ich hoff es sey mir g’lungen.

2
In tausend und sechs hundert Jahr,
Vierzehne darzu offenbahr,
Zu Zürich ist geschehen,
Daß er mit seinem Tod und Blut,
Christum sein Wort, das ewig Gut,
Bekennet und verjähen.

3
Nun merk ein jeder frommer Christ,
Wie er der G’mein vorg’standen ist,
Thät Gottes Wort verkünden,
Da er sein Lauf vollendet hat,
Sein Glauben bezeugt mit der That,
Thät sie gleich überwinden.

4
Doch möcht ich vor auch melden das,
Wie vor ein`m Jahr er g`fangen was,
In Zürich hart versperret:
Zween ander Brüder mit ihm b’hend
Die sind vorm Rath aufs Meer erkennt,
An Ketten hin geführet.

5
Gen Solothurn sind sie geführt,
Ins Königs G’walt gar hart versehrt,
An Ketten hart verwahret.
Doch sind sie b’hend durch Gottes G’walt
Gleich wiederum erlöset bald,
Das hat man wohl erfahren.

6
Nun merket weiter und fürbaß,
Wie er jetzt wieder g`fangen was,
Bey seinem Weib und Kinden:
Die Mutter und die Kinder sein,
Gaben ihm Trost der Liebe fein,
Liessen sich willig finden.

7
Und hond ihn g’fangen hingeführt,
Zu Zürch in Wellenberg versperrt,
Und ihn da streng verhöret:
Von seiner Lehr und auch vom Tauf,
Vom Ehstand und vom Nachtmahl auch,
War bitterlich probiret.

8
Und dräuten ihm gar hart darbey,
Wie daß er nicht mehr werth thät seyn,
Lebendig aufs Meer z` verkaufen.
Sondern er müsse mit dem Schwerdt
Gericht werd`n und zum Tod geführt,
Das ist bald g`schehen draufe.

9
Als man ihn aus der G’fängniß hat
Geführt als ein Lämmlein zur Schlacht,
Thät viel Volk um ihn weinen:
Hans Landis sprach mit seinem Mund
Weint nicht um mich zu dieser Stund,
Gott thuts gut mit mir meinen.

10
Merk was die Predicanten thon,
Hant das g’mein Volk vermahnen thun,
Sie solten für ihn bitten:
Er sey verstockt und gar verirrt
Damit er wird in Kenntniß g’führt,
All seiner Sünd und Fehlen.

11
Hans Landis sprach mit Worten g`schwind:
Ich achte das für keine Sünd,
Das ihr mir für Sünd halten.
Ich hab gelehret Gottes Wort
Darzu g’wandelt in grosser Sorg,
Gott woll nun darob walten.

12
Weiter hand sie ihn g`sprochen an,
Er soll sein Sünd bekennen thun,
Daß er erlang die Gnade.
Er antwort ihnen also b’hend:
Ich hab mein Sünd vorlängst bekennt,
Fürcht es wär jetzt zu spate.

13
Doch schlag ichs Reich Gott`s niemand ab,
Daß ich der G’schrift auch glauben mag,
Sond Besserung nicht sparen:
Damit es uns nicht auch ergieng,
Wies den thörichten Jungfrau`n gieng,
Das hat man wohl erfahren.

14
Merk wie so gar mit manchem List,
Sie ihn versuchten zu der Frist
Und thäten ihm fürhalten
Den Schächer an dem Creutz behend,
Der Gnad erlanget an sein`m End.
Er thät sich nicht dran halten,

15
Sondern gab ihnen Antwort bald:
Hat mit dem Schächer ein andre G`stalt,
‚s Wort sey ihm nicht verkündet;
Es wird uns zeitlich g`nug geseit,
Darum sind zu der Buß bereit,
Daß wir die Gnade finden.

16
Noch weiter er wird angeredt
Warum er von ihn`n ausgehn thät
Von ihrer G’mein und Lehre?
Hans Landis antwort ihnen g`schwind,
Drum daß ihr nicht unsträflich sind,
Und euch zu Gott nicht kehret.

17
Dann ich glaube gar festiglich,
Wer Gott vertraut, dem manglet nicht,
Dem wird sein Lehr und Leben
Viel guter Frücht und Nutzbarkeit,
Bringen allhie in dieser Zeit,
Das wirb ihnen Gott geben.

18
Gottes Reich nicht in Worten staht,
Darum greifends an mit der That,
Wend ihr ewig Freud haben:
Wend ihr sprechen: o Vater mein,
Müßt ihr aus Gott geboren seyn,
Und seinen Worten glauben.

19
Nach der Lehr und Gebrauch Christi,
Desgleichen sein`r Aposteln Schein,
Thäten wandlen und leben:
So dörft es weder Zwang noch Noth,
Sondern ich wolt gern früh und spat
Mein G’meinschaft mit euch haben.

20
Sie wend ihn noch nicht bleiben lon,
Hielten ihm für den verlohrnen Sohn.
Laßt ihnen Antwort fahren:
Wie er in guter Hoffnung stuhnd,
Daß er mit dem verlohrnen Sohn,
Umkehrt vor dreysig Jahren.

21
Darzu auch seine Sünd erkennt,
Gott bitten um Verzeihung b’hend,
Und auch zu allen Zeiten:
Auch jetzt in dieser G’fangenschaft,
In deren ich jetzt bin behaft,
Daß er mir helfe streiten.

22
Da hat man ihm zu trinken bracht,
Und als er nun getrunken hat,
Danksaget er Gott eben,
Und sagt: ich glaub auch vestiglich,
Gott hab mir meine Sünd verzeicht,
Hing`nommen und vergeben.

23
Da trank er noch zum andermal,
Darum ich auch das sagen soll,
Und wolt da nimmer trinken:
Dann ich hoff und glaube gewiß,
Daß mich Gott hienach im Paradieß
Wohl werd speisen und tränken.

24
Nun laßt uns weiter merken baß,
Wie ihn die G’lehrten fragen das,
Ob er nicht Glauben gebe,
Daß er sich da versündet hab
Daß er viel wiedertaufet hab?
O nein, gar nicht, thät sagen.

25
Und sprach darzu noch weiter drauf
Dann er hab sonst niemand getauft,
Sey dann von Sünd abg’standen:
Und habe wahre Buß gethan,
Den wahr`n Gott`s Glauben g’nommen an,
Mit Christo auferstanden.

26
Dieß ist der recht Befehl Christi,
Und Brauch seiner Aposteln frey,
Thut uns die G’schrift auch lehren:
Darbey man billig bleiben soll,
Und Gottes Wort lahn gelten wohl,
Das begehr ich vom Herren.

27
Die Predicanten fragten mehr,
Wer ihn hab b`ruft zu seiner Lehr?
Thät ihnen Antwort geben:
Der ewig Gott im Himmelreich,
Das glaube ich ganz vestiglich,
Der hat mir den G’walt geben.

28
Ein G’lehrter sprach zu ihm mit List,
Du weist daß du überzeugt bist
Mit dem göttlichen Worte:
Gar nicht, gar nicht, sprach er zu hand,
So ihr mir G`schrift nicht gelten land,
Meint ihr daß ich mich fürchte.

29
So ihr aber G’schrift gelten lond
Thun ich bey meinem Glauben b’ston,
Bin gar nicht überwiesen:
Deß ich in guter Hoffnung stan,
Und klaget mich do gar nichts an,
In allem meinem G’wissen.

30
Darum ihr Predicanten schon,
Ob schon ihrs Evangelion
Lehren und auch verkünden:
Leben und wandlen nicht darnach,
So bringt es keine Frücht darnach,
Das solt ihr billig finden.

31
Da hand die Predicanten g’seit,
Er hab wider die Oberkeit
Gehandelt und gelebet:
Er solle hie bekennen thon,
Daß er im selben unrecht thun.
Thut ihnen Antwort geben:

32
Er hab wider die Oberkeit
Nichts g`handelt das die G’schrift verbeut,
Bey der G’schrift soll man bleiben:
Dann es ist uns nicht g’nug darbey,
Allein in Christum z` glauben hie,
Sondern auch um ihn z` leiden.

33
Die G’lehrten fragten weiter an:
Hans Landis, hast du jedermann
Verziehen und vergeben?
Er sprach, he ja zu aller Stund,
Und auch euch mit lachendem Mund,
Hab er gänzlich vergeben.

34
Ich will hie weiter melden fort,
Da er ist kommen an das Ort,
Zu seiner letzten Stunde:
Hat Bekanntniß seins Glaubens than
Am selben Ort vor jedermann,
Sprach er mit seinem Munde:

35
Ich glaube das ganz vestiglich,
Gott hab mir meine Sünd verzeicht,
Hing`nommen und vergeben:
Durchs bitter Leiden Jesu Christ.
Und nicht um meiner Werken ist
Geschehen, das merkt eben.

36
Der Nachrichter mit seinem Mund,
Fraget Hans Landis zu der Stund
Ob es ihn thäte freuen?
Er sprach: ja g`wiß mit seinem Mund,
Er hat mich lang auf diese Stund
Verlanget und thun freuen.

37
Und sprach darzu noch alles das,
Warum solt mich nicht freuen das,
Ich glaub in meinem Herzen:
Ich werd jetzt in dieser Stund schon,
Mein Gott Vater ins Himmels Thron,
Mit meinen Augen sehen.

38
Da man ihn an die Richtstatt g`führt,
Fröhlich war er in seinem G’müth,
Thät sein Gebät verrichten
Zu unserm Gott ins Himmels Thron,
Der wölle uns auch nicht verlohn,
Und b’wahren ewiglichen.

39
Der Nachrichter thät als ein Freund,
Da er ihn wolt richten, als verkündt,
Thät ihm Erlaubniß geben:
Zu reden hie nach seinem Muth
Und nach sein`m Lust und Willen gut,
Zuletzt in seinem Leben.

40
Zu reden weiß ich nicht viel mehr
Dann ich möcht allen Menschen sehr
Wünschen und von Herzen gönnen:
Daß sie ihr Lebens Aenderung
Thäten, und wahre Besserung,
Daß sie zum Leben kämen.

41
Hierauf ist er fröhlich und bald,
Niederkniet als ein fromm Held
Und ließ sich willig finden:
Und ist gerichtet mit dem Schwerdt,
Mannlich abg`schieden von der Erd,
Thät sie gleich überwinden.

42
Der Nachrichter sprach mit sein`m Mund,
Und weinet auch von Herzens Grund,
Also gar inniglichen:
Ich bin unschuldig an diesem Blut,
Das glaub ich fest in meinem Muth,
Ob schon ich hab müss`n richten.

43
Es thät ihm in dem Herzen weh,
Ihme und seinen Söhne zwee,
Thun bitterlichen weinen:
Daß man also ein frommen Christ
Vom Leben zum Tod hat gericht.
Sie thäten es gut meinen.

44
Also erlanget er die Kron,
Bey Gott die ewig Ruh und Wonn,
Thut sie gleich überwinden:
Und ist gedultig in der Noth,
Und trägt das Creutz bis in den Tod,
Und ließ sich willig finden.

45
Mit seinem Hausg`sind hand sie gethon,
Wie Esdre am letzten thut g’schrieben ston,
All`s aus dem Haus thun jagen:
Haus und Hoff zu ihren Händen g’non.
Ist das g`mäß dem Evangelion?
Thu mir, o Singer, sagen.

46
Also will ichs hie bleiben lan,
Und die Sach Gott befohlen han,
Der wöll sich unser erbarmen:
Und geben uns die ewig Kron,
Mit Landis unserm Bruder schon,
Durch Jesum Christum, Amen.