Eine schöne Historie von einer Jungfrau.
Im Ton: „Wohl dem, der in Gottes Fürchten stehet.“
Oder: „Christ der du bist der helle Tag. (1)
1
Ein Mägdelein von Gliedern zart,
Lieblich, schön und von guter Art,
Elisabeth ward sie genannt
Die hat auch Gottes Wort erkannt.
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Zu Lewarden wohl in der Stadt
Das Mägdlein seine Wohnung hat,
Als man zählt fünfzehn hundert Jahr
Und neun und vierzig, das ist wahr.
3
Im Jenner sie gefangen ward,
Gebunden und gefraget hart,
Bey ihrem Eyd in dieser Stätt,
Ob sie kein Mann genommen hätt.
4
Sie gab Antwort, als sie das hört,
Zu schwören wird an mich begehrt.
Das steht gar nicht in meiner G’walt,
Ja und auch Nein, davon ich halt.
5
Weiter ich zwar nicht schwören soll,
Die Wahrheit kann ich sagen wohl,
Wer seinen Nächsten triegen will,
Dem ist falsch schwören nicht zu viel.
6
Dasselbig ich euch sagen kann,
Daß ich versprochen bin keim Mann.
Sie sprachen: ihr habt viel verführt
Daß sie mit euch haben geirrt.
7
Ihr seyd darzu ihr Lehrerin,
Drum ihr bekennen sollt vorhin,
Was vor Personen ihr gelehrt,
Und in euren Irrthum geführt.
8
Sie sprach: Ihr liebe Herren mein,
Ihr sollet mich fragen allein,
Was ich vor einen Glauben hätt,
So wollt ich gern an dieser Stätt
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Vor euch bekennen öffentlich,
Was ich glaube und mich versich.
Sie sprachen, was sie an dem End
Hielt von der Meß und Sacrament?
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Sie antwort ihnen zu der Stund,
Sie hätt` darinnen keinen Grund
Die Schrift davon kein Meldung thut,
Darum dünkts mich zwar gar nit gut.
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Das Nachtmahl aber ist genennt
Von Christo selbst ein Testament,
Das ist ein Zeugniß und Geschrift,
Die das ewige Erb antrifft.
12
Gott schreibts uns in das Herz hinein,
Mit geistlichen Buchstaben fein,
Welch`s durch die Stiftung figurirt,
Und unsichtbar bezeichnet wird.
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Da sie viel Schrift drum eingeführt,
Gar bald ihr diese Antwort wird:
Der Teufel redt aus deinem Mund
Dein Zeugniß haben keinen Grund.
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Sie sprach mit Worten also schlecht:
Wie meim Herren, also seim Knecht,
Nit besser wird es mir ergohn,
Deß soll ich keinen Zweifel hon.
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Sie fragten, ob der Kindertauf
So man jeßt nach gemeinem Lauf
Nothwendig hielt, nicht mache fromm?
Das soll sie kurz in einer Summ
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Anzeigen und bekennen rund,
Warum sie noch zu dieser Stund
In ihrem Alter wieder tauf,
Wie viel sie darum würd gestraft?
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Sie sprach: Ich bin nach Christi Lehr
Einmahl getauft, nicht weiter mehr,
Auf mein bekannten Glauben fein,
Wie es nach Gottes Wort soll seyn.
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Sie frageten auch weiter mehr,
Ob an Gottes Statt der Priester
Die Sünden auch vergeben möcht?
Darauf antwort sie ihnen recht:
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Christus ist der hohe Priester,
Kein Mensch benimmt ihm diese Ehr,
Der Mensch verkündet Gottes Gnad
Dem Sünder, der recht Buß than hat.
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Dem aber, der nicht Buß thun will,
Dem setzt die Kirch kein ander Ziel,
Dann daß sein Sünd behalten werd,
Erlang kein Gnad auf dieser Erd,
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Darzu auch dort in jener Welt.
So ist das Urtheil schon gestellt,
Kein Mensch es anders machen wird,
Wie schön er d`Sach mit Worten ziert.
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Elisabeth sind gar kein Gnad,
Wird wieder bald geführt vorn Rath,
Bald auch in den Pein=Keller kam,
Peinlich zu fragen man vornahm.
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Dem Henker kam sie unter d’Händ,
Sprachen zu ihr an diesem End,
Wir haben bisher gütig sich
Mit euch beredt, und freundelich.
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Nun wolln wir desto strenger seyn,
Und mit euch handeln durch die Pein,
Die euch der Richter jetzt zuricht,
Wo ihr euch noch bekehret nicht.
25
Die Finger man ihr klemmen thät,
Daß sie dran solche Schmerzen hätt,
Daß ihr durch diesen großen Zwang
Das Blut zu`n Nägeln ausser sprang.
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Sie thät es Gott im Himmel klag`n,
Die Pein kann ich nit länger trag`n,
Thu mir, o Herr, Hilf und Beystand,
Behüte mich vor Schmach und Schand.
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Sie sprachen: Nun bekennt eur Fehl,
So soll man euch wohl helfen schnell,
Ihr dürft drum nicht rufen zu Gott,
Bekennt, so helft ihr euch aus Noth.
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Sie blieb inbrünstig im Gebet,
Deß ward sie auch von ihm errett,
Der ihr so Kräfte gab im Schmerzen,
Daß sie mit viel Gedult im Herzen
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Die Pein und Schaden konnt ertragen,
An Gottes Güte nicht verzagen.
Sie sprach: die Pein nimmt bey mir ab,
Wie ich von Gott erbeten hab.
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Ihr mögt mich fragen was ihr wöllt,
Mein Hoffnung ist zu Gott gestellt.
Zwo Schrauben an ihr Bein man setzt,
Daß sie noch schwerer würd verletzt.
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Sie sprach: Schändet mich nit so sehr
Dann euch bringt solches Ding kein Ehr,
Daß ihr entblößet meinen Leib
Gedenkt an euer Kind und Weib,
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Daß sie nit werden so geschändt.
Indem hat sie ihn`n frey bekennt
Es hab mit seiner Hand kein Mann
Ihr’n Leib je blos gerühret an.
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Indem sie zu der Erden sank,
Und ward von Ohnmacht also krank,
Daß sie gehalten ward für todt,
Noch half ihr auf der treue Gott,
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Daß sie noch kam zu ihrer Kraft,
Und sprach zu ihnen unzaghaft,
Ich lebe noch und bin nicht todt.
Sie sprachen: Nun bekennt vor Gott,
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Daß ihr geirrt, und widersprecht
Weil ihr noch Gnad erlangen möcht.
Da sprach sie: Ich begehr durch Gott
Das zu versiegeln mit dem Tod.
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Im Merzen von gemeldtem Jahr
Wurd sie auch hingerichtet gar.
Ein Urtheil ward im Nath gefällt,
Und bald darnach ins Werk gestellt,
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Daß man sie stracks ertränken sollt,
Kein ander Gnad beweisen wollt,
Das ist der Wölfen Gütigkeit,
Die sie den Schäflein hond bereit.
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Laßt uns bedenken ohne Scherz,
Der Elisabeth tapfer Herz
Wie sie in ihrer Pein und Noth
Mit Ernst gerufen hat zu Gott.
Amen.