Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 127. Lied

Der 35. Psalm.
Im Ton: „Aus tiefer Noth. (3)

1
Herr Gott! streit wider meine Feind,
In meinen grossen Nöthen,
Die mir allzeit zuwider seynd,
Und wollen mich ertödten.
O Herre Gott! thu mir Beystand,
Ergreif den Schild und Schirm zu Hand,
Mach dich auf, mir zu helfen.

2
O Herr! zeuch deinen Spieß herfür
Und schütz mich vor mein Feinden,
In aller Noth steh du bey mir
Laß mich nicht von dir wenden.
O Herre Gott! tröst mir mein Seel,
Du bist allein mein Schutz und Heil,
Mein Hülf zu allen Zeiten.

3
Es müssen sich schämen all die
Mir stell`n nach meiner Seelen,
Sie müssen zurück kehren hie,
All die mir Uebels wöllen,
Gleich wie der Wind zerweht die Spreu,
Der Engel des Herren sie treib
Zurück mit ihrem Wüten.

4
Ihr Weg wird ihnen finster seyn,
Wenn sie mir nach thun jagen,
Der Herr verfolgt die Feinde mein
Drum will ich nicht verzagen.
Sie haben mir ohn Ursach g’stellt
Ihr Netz, aber sie haben g`fehlt,
Sie wolten mich verderben.

5
Sie haben mir all ohn Ursach
Gestellt nach meiner Seelen,
Und haben viel Gruben gemacht,
Daß sie mich möchten fällen.
Das Netz, das sie mir haben g`richt,
Das wird sie fällen schnelliglich.
Sie werden selbst drein fallen.

6
Des Herren freuet sich mein Seel,
Er ist mein Trost alleine,
Ich will mich freuen auf sein Heyl.
Es müssen all mein Beine
Sagen: Herr, wer ist dir geleich,
Im Himmel und auf Erdereich,
Wie herrlich ist dein Name.

7
Dann du errettest allezeit
Die Elenden und Armen,
Von dem der ihn zuwider streit,
Thust dich deins Volks erbarmen.
Wer den Elenden jetzt beraubt,
Und nimmt ihm alles was er hat,
Dem wirst du`s, Herr, vergelten.

8
Es tretten falsche Zeugen auf,
In meinen grossen Nöthen,
Legen mir schwere Sachen auf
Daß sie mich möchten tödten,
Sie fragen davon ich nichts weiß,
Für Guts vergelten sie mir Böß,
Mein Seel trostlos zu machen.

9
Ich aber, da sie waren schwach,
Kasteyet mich mit Fasten,
Vor Trauren zog ich an ein Sack,
Mein Bitt kehrt in mein Schosse.
Ich ging als wärs mein Brud`r und Freund
Wie ein Mutter klagt ihre Kind
Also war ich ganz traurig.

10
Sie aber freuen sich zu hand,
In meinen grossen Nöthen,
Legen mir auf viel Schmach und Schand
Und wollen mich ertödten.
Die Hinkenden kommen zu Hauf,
Sie reissen und hören nicht auf,
Und wollen mich umbringen.

11
Mit den Fressern und Spöttischen,
Mit allen falschen Gleißnern,
Beissens zusammen ihre Zähn,
Und wollen mich zerreissen,
Sie sind ganz grimmig über mich,
Darum, Herr, daß ich hoff auf dich,
Das thut sie hart verdriessen.

12
Wie lang wilt du ihn`n sehen zu,
Herr Gott in deinem Himmel.
Führ doch mein Seel zu deiner Ruh,
Aus ihrem grossen Rühmmel.
Dann ich bin einsam und elend,
Darum, Herr Gott, dich zu mir wend,
Errett mich von dem Löwen.

13
Ich will dir danken, Herr mein Gott,
In deiner grossen G’meine.
Dann du hilfst mir aus aller Noth,
Du bist mein Trost alleine,
Ich will dich rühmen allezeit,
Unter dem Volk, höret ihr Leut,
Gott ist mein Trost auf Erden.

14
Laß sich nicht freuen meine Feind,
Noch mit den Augen winken,
Die mich ohn Ursach hassen seynd,
Wollen mich täglich kränken,
Sie reden nichts zu deinem Fried,
Das Recht sie biegen wie ein Wied
In ihrem falschen Herzen.

15
Sie dichten eitel falsche Wort,
Wider deine Verstoßne
Im Land jetzund an allem Ort,
Wohl über dein Verlaßne
Sperren sie ihren Rachen auf
Seinem Volk legens groß Schuld auf,
Sprechen, sie habens g’sehen.

16
Du siehst es wohl, o Herr mein Gott,
Du weißt all heimlich Sachen,
Darum schweig nicht in dieser Noth,
Du wollst dich bald aufmachen,
O Herre Gott, komm zu mein`m Recht,
Streit selbst vor mich wider das G’schlecht,
Richt du all meine Sachen.

17
Richt mich nach deiner G’rechtigkeit,
Mit Gnad thu mich erfüllen,
All die sich freuen meines Leids,
Den’n brich, Herr, ihren Willen.
Laß ihn`n nicht zu nach ihrem Sinn,
Daß sie sprechen, reisset ihn hin,
Wir haben ihn verschlungen.

18
Es müssen sich schämen zu hand,
Die sich meins Unglücks freuen,
Sie werd`n bekleidt mit Schmach und Schand,
Die mir mit Pein hart dräuen.
Was sich hoch lobet wider mich,
Sprechen wir woll`n dringen auf dich,
Die werden schnell umkommen.

19
Rühmen und freuen müssen sich,
Die allezeit Lust haben
An deiner G`rechtigkeit wie ich,
Es müssen immer sagen,
Gelobt sey Gott, er ist gerecht,
Er hat Lust am Fried seines Knechts,
Hilft ihm zu allen Zeiten.

20
Mein Zung soll reden allezeit,
Und will mich deß nicht schämen,
Herr Gott, von deiner G`rechtigkeit
Will ich mich täglich rühmen.
Dann du hilfst mir aus aller Noth,
Deß will ich dir lobsingen, Gott,
Ewig will ich dir danken.
Amen.