Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 12. Lied

Diese nachfolgende Geschichte hat sich im Jahr 1550 zu Gent und Löven begeben.
Und geht Im Ton: „All die ihr jetzund leidt Verfolgung und Trübsal.
Oder wie der Bentzenhauer. (7)

1
O Herr dich will ich loben,
Der du dein Gliedern all
Zuschickest Stärk von oben
Hie in dieß irrdisch Jammerthal,
Daß sie fest stehen bleiben
Wider den bösen Hauff,
Weil sie die Bosheit treiben,
Haben sie ihren Lauf.

2
Sieh an was kecker Helden
Erscheinen da zu Gent,
Da von ich euch thu melden,
So die Wahrheit bekennt,
Hans Käskauffer genannt,
Der da gefangen ward
Und sich nach seinem Stand
Wohl hielt zu dieser Fahrt.

3
Er ward auch dargestellet
Vor einem ganzen Rath,
Der treu Mann auserwählet,
Scharf man ihn fragen that,
Wenn er den Tauf empfangen
Hab wohl zu dieser Frist?
Er sprach, Vier Jahr vergangen
Seit das geschehen ist.

4
Sie fragten ihn noch mehre
Was er vom Sacrament
Hielte nach seiner Lehre,
Ob er ihn auch bekennt
Daß darin`n würd genossen
Christi wahr Leib und Blut,
Welch`s geben und vergossen
Am Stamm des Creutzes gut.

5
Wie kann die Speiß seyn Gotte,
Die der verzehren thut,
Der selbst ist Staub und Kothe.
Mich dünkt in meinem Muth,
Gott werd nicht leiblich gessen,
Nach seiner Majestät,
Der kein leibliches Wesen
Auf dieser Welt mehr hat.

6
Die ihn auf Erden suchen,
Folgen nicht seiner Lehr
Er wird sie auch verfluchen,
Die ihm stehlen sein` Ehr
Gebens der Creature,
Die doch gleichwie der Staub
Zergehet von Nature,
Dasselb ich gänzlich glaub.

7
Man ißt Gott nicht wie Brodte,
Leibhaftig wie ein Speiß,
Sein Tod hilft uns aus Nothe
Ihm sey allein der Preiß:
Den sollen wir groß machen
Bey dieser Speiß allein,
Und die geistliche Sachen
Dabey machen gemein.

8
Diß ist allein der Grunde,
Darob wir halten thun,
Bekennen mit dem Munde,
Lond uns gar nicht davon,
Bis man uns aus der Schrifte
Was bessers unterricht.
Menschen=Lehr ist vergifte,
Wir trauen ihr gar nicht.

9
Sie sprachen zu der Stunde:
Ist das jeßt dein Beschluß,
Gar viel ein bessern Grunde
Dein Ding hie haben muß.
Er sprach: Laßt mir herbringen
Eure Gelehrten sort,
Wir reden von den Dingen
Allein aus Gottes Wort.

10
Wir wollen euch bewähren,
Und überzeugen gar
Daß ihr durch falsche Lehren
Wohl dreyzehn hundert Jahr
Seyd gänzlichen betrogen,
Durch die Decret zumal,
Was man euch vor hat g`logen,
Habt ihr geglaubet all.

11
O Mensch laß dirs erleiden,
Die Wölf gar ungeheuer,
Die kommen in Schaafskleiden,
Es wird ihn`n werden theuer
Mit falschem Schein betrügen
Den einfältigen Mann,
Den Frommen sie verlügen
Der sie aufdecken kann.

12
Es rief euch Gott der Herre
Mit sanftmüthiger Stimm,
In der Apostel Lehre,
Ihr sollt kommen zu ihm,
Anklopfen und anschreyen,
Er will euch selbst aufthun,
Von eurer G’fängniß freyen,
In sein Reich nehmen an.

13
Tausend fünf hundert Jahre
Und fünfzig zählt man dran,
Da sah man offenbare
Diesen tapfern Mann,
Bey sein`m Bruder im Feure
Brennen in großer Noth,
In Gottes Augen theure
Ist der Gläubigen Tod.