Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 118. Lied

Ein ander schön Lied.
Im Ton: „Kommt her zu mir, spricht ⁊C. (6)

1
Wach auf, wach auf, o Menschenkind!
Von deinem Schlaf stand auf geschwind,
Wie bist du so verdrossen,
Wilt du diesen Tag müßig stohn,
Und nicht ins Herren Weinberg gohn,
Der dich hat b`ruffen lassen?

2
Ist doch Gott gar ein freundlich Mann,
Der den Weinberg hat aufgethan,
All die zu ihm thun kommen,
Und arbeiten die kleine Zeit,
Den’n will er bald ein ewig Freud
Geben mit allen Frommen.

3
Wie seyd ihr so gar schläfrig Leut,
Daß ihr nicht mögt die kleine Zeit
Den Last mit Willen tragen,
Da ewig Freud der Taglohn ist,
Währt es doch nur ein kleine Frist,
Geneigt hat sich der Tage.

4
O Mensch! laß dirs zu Herzen gohn,
Sieh die frommen Altväter an,
Hond den Last auf sich g`nommen,
Tragen viel Jahr und manchen Tag,
Und sind dennoch nicht worden schwach,
Bis sie zur Ruh seynd kommen.

5
Darzu unser Herr Jesus Christ,
Der unser Mittler worden ist,
Hat uns sein Wort gelassen,
Und uns damit gezeiget an
Den Weg in diesen Weinberg schon,
Und uns gebahnt die Strassen.

6
Wiewohl er ein Sohn Gottes ward,
Hat er ein Last ganz schwer und hart
Für unser Sünd getragen.
Wiewohl er selbst war g`recht und fromm,
Hat er doch solchs aus Lieb gethon,
Da er ans Creutz ward g’schlagen.

7
An seinem Leib er tragen hat
All unser Sünd und Missethat
Daß wir der Sünd abkämen,
Und lebten nun der G`rechtigkeit.
Darum, o Mensch, laß dir seyn leid,
Dein Sünd, und thu sie nimmer.

8
Gedenk wie Christus g`litten hat,
Für deine Sünd ein bittern Tod.
Daß du mit ihm mögst leben,
Darum, o Mensch, kehr dich behend
Von deiner Missethat und Sünd
So werdens dir vergeben.

9
Dann Christus spricht ohn allen Schein,
Kommt all die ihr beschweret seyn,
Thut euch her zu mir schicken,
Ziehet mein Joch, dann es ist leicht,
Und nehmet meinen Last auf euch,
So will ich euch erquicken.

10
Darum so schicket euch darzu,
Dann daselbst werd ihr finden Ruh,
Ewig für eure Seelen.
Gedenket an die große Noth,
Und spart die Buß nicht an den Tod,
Hütet euch vor der Höllen.

11
Das redt Christus aus seinem Mund,
Der uns hat g`ruft zur eilften Stund:
Welcher zu mir will kommen,
Und tretten in den Weinberg ein,
Der wäsch sich vor von Sünden rein,
So wird er angenommen.

12
Wann du dich rein gewäschen hast,
So ist dir schon bereit ein Last,
Das Creutz Christi mußt tragen,
Wann du Gottes Wort auserwählst,
Und dich von aller Sünd enthältst,
Thut dich all Welt verjagen.

13
Das ist das Joch und auch der Last,
Wenn du Gottes Gebot lieb hast,
Und lebst nach seinem Willen,
Und bist gedultig in der Noth,
Und trägst den Last bis in den Tod,
Wirst du`s Tagwerk erfüllen.

14
Welcher sich aber hie verspat,
Daß er nicht treu gearbeit hat,
Den wird es sicher reuen.
Dann er muß leiden große Pein,
Darzu ewig verlohren seyn,
Beraubt des Herren Treue.

15
Dann es wird kommen dieser Tag,
Welchem niemand entrinnen mag,
Daß Gott der Herr wird geben
Ein`m jeglichen nach seinem Werk.
Darum, o Mensch, das eben merk
Schau wie du hie thust leben.

16
Du sprichst ja wohl, es ist ohn Noth,
Daß ich jetzt halt Gottes Gebot,
Gilt gleich wie ich thu leben.
Wann ich nur an mein`m letzten End
Hab Reu und Leid für meine Sünd,
So werdens mir vergeben.

17
Merk auf, o Mensch! sey nicht so blind
Kehr dich bey Zeit von deiner Sünd,
Wilt du nicht ewig sterben,
Dann Christus spricht lauter und klar,
Daß nicht all, die sprechen, Herr, Herr,
Gottes Reich werden erben.

18
Gottes Reich nicht in Worten staht,
Darum greifets an mit der That,
Wollt ihr mit Gott Freud haben.
Wolt ihr sprechen, o Vater mein,
So müßt ihr ihm gehorsam seyn,
Und diesen Last auch tragen.

19
Christus spricht: was heist ihr mich Herr,
So ihr nicht bleibt in meiner Lehr
Und wolt mein`m Wort nicht glauben.
Weil ihr mir nicht gehorsam sind
Werdt ihr nicht zählt für meine Kind
Und kein Theil mit mir haben.

20
Welchem ihr nun gehorsam seyd,
Der Sünd oder der G’rechtigkeit
Deß Knecht seyd ihr schon worden,
Dienet ihr hie der G`rechtigkeit,
So ist euch mein Reich schon bereit,
Dann ich habs euch erworben.

21
Dienet ihr aber hie der Sünd
So werdt ihr in den Teich gesendt,
Welcher mit Feur thut brennen,
Dann der Tod ist der Sünden Sold,
Weil ihr den Last nicht tragen wolt,
Müßt ihr ewig Pein nehmen.

22
Darum bekehret euch, ihr Leut,
Dann es ist jetzt der Gnaden Zeit,
Das Heil ist euch vor Augen.
Werdet ihrs nun nicht nehmen an,
So wird es euch hart reuen thun.
Merkt was die Schrift thut sagen.

23
Es wird noch kommen diese Zeit,
Davon der Prophet Amos schreibt,
Daß werden wird ein Hunger,
Ja nicht an Wein oder an Brod,
Sondern zu hören Gottes Wort
Darum sammlet im Sommer.

24
Dann es wird kommen diese Zeit,
Das merket ihr gottlose Leut,
Werdt ihr nicht stehn von Sünden,
So werdt ihr lauffen hin und her
Von wegen eurer Sünden schwer
Kein Hülf werdt ihr mehr finden.

25
Darum verziehets nicht so lang,
Auf daß die Sonn nicht untergang,
Die Nacht thut herzu nahen.
Darum nehmt euch nicht länger Weil,
Trett in den Weinberg ein mit Eil,
So ihr Lohn wollt empfahen.

26
Also redt der wahrhaftig Mund,
Bekehret euch zu dieser Stund,
Verstopft nicht eure Ohren.
Verziehets nicht um einen Tag,
Sondern steht von dem Uebel ab
Heut, so ihr mein Stimm höret.

27
Darum merk auf, o Menschenkind
Der du noch liegst in deiner Sünd,
Wilt du ewig Freud erben,
So wäsch dich rein von dein`m Unflat,
Weil der Weinberg noch offen staht,
Sonst mußt ewig verderben.

28
Gott spricht: ich bin heilig und rein,
Darum solt ihr auch heilig seyn,
So werdt ihr angenommen.
Darum merk auf, o Menschenkind
Weil du noch liegst in deiner Sünd
Magst du zu Gott nicht kommen.

29
Nun habt ihr all vernommen wohl,
Wie man diesen Last tragen soll,
Und zu dem Weinberg nahen.
Welcher will haben ewig Freud,
Der arbeit treulich diese Zeit,
So wird er Lohn empfahen.

30
Nun merkt, ihr fromme Christenleut
Die ihr schon in dem Weinberg seyd,
Laßt euch gar nichts bewegen,
Arbeit treulich ein kleine Zeit,
Dann unser Gott ist nimmer weit,
Unsern Last abzulegen.

31
Dann er ist wahrhaft und gerecht,
Er läßt niemand werden versucht,
Hie über sein Vermögen,
Er legt uns auf nach rechter Maß,
Ein`m jeglichen, klein oder groß,
Daß wirs wohl tragen mögen.
32
So wir ans End verharren thun,
Will uns Gott ein herrliche Kron
Mit allen Frommen schenken,
Die ist geziert mit ew’ger Freud,
Darum ihr frommen Christenleut,
Laßt euch den Last nicht kränken.

33
Dann es währt nur ein kleine Zeit,
Der Fey`rabend ist nimmer weit,
Unser Ruh thut sich nahen.
Welcher nun diese kleine Zeit
Treulich in dem Weinberg arbeit,
Der wird die Kron empfahen.

34
Ob schon das Leiden Jesu Christ
Allzeit viel auf uns kommen ist,
So kommt viel Trost darneben.
Darum sey stark, du frommer Hauf,
Trag den Last bis ans Ort hinauf,
So erlangst du ewigs Leben.

35
Die dieses Lied gesungen han,
Die seynd in diesem Weinberg schon,
Den Last hands auf sich g`nommen.
Gnad, Fried, Freud und Barmherzigkeit,
Sieg, Ueberwindung, alle Zeit
Wünschen sie allen Frommen.
Amen.