Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 106. Lied

Ein ander Lied.
Im Ton: „O Sohn David. H. B. (9)

1
Ihr Christen g’mein, die ihr seyd rein,
Thut euch von Herzen freuen,
Durch Jesum Christ, daß uns Gott ist
Glaub, Lieb, Hoffnung verleihen,
Dardurch wir hie, spat unde früh,
Ohn Unterlaß thun hoffen,
Was Gott verheißt durch seinen Geist,
Soll uns bald werden offen.

2
Verheissung ist in Jesu Christ,
Ewig mit ihm zu leben.
Ja alle die so glauben hie,
Sein`m Wort nicht widerstreben,
Denen er hat, bereit ein Stadt,
Beym Vater eingenommen,
Darin`n ist Freud zu aller Zeit,
Ihr Licht scheint wie die Sonne.

3
Das Zeugniß ist die Heilig Schrift,
Von Gottes Stadt thut sagen,
Sie uns hie ist in dieser Frist
Figürlich abzumahlen.
Durch Edelg’stein, lauter und rein,
Ist ihr Grundvest geleget,
Smaragd, Perlein, deren zwölf seyn,
Die Stadt bleibt unbeweget.

4
Weiter bericht, Johannes spricht,
Ihr Gassen von Gold scheinen.
Wie ein Crystall von Klarheit hell
Ist sie gezieret reine.
Vernimm, die Stadt der Engel hat
Gemessen mit ein`m Rohre,
Ihr Läng und Breit, war gleiche weit,
Zwölf Pforten um sie waren.

5
Vernimm die Stadt kein Tempel hat,
Als wir in Schriften lesen,
Der Herr allein thut Tempel seyn,
Erfüllt sie mit sein`m Wesen.
Kein Hitz noch Kält, darein nicht fällt,
Bedarf auch keiner Sonnen,
Sondern allein göttlicher Schein
Erleuchtet alle Frommen.

6
Die Stadt man nennt Jerusalem,
Allhie auf dieser Erden.
Was ich davon hab melden thun
Soll noch erfüllet werden.
Das merk bereit, nun unterscheid
Irrdisch und himmlisch Wesen.
Gold, Edelg’stein, weiset allein
Ins Himmlisch, wie wir lesen.

7
Jerusalem solt du verstehn,
Die Christliche Gemeine
Die in der Zeit noch wird bereit,
Durch Jesum Christ alleine,
Mit seinem Blut sie wäschen thut,
Daß sie werd rein erfunden,
Wie ein jung Kind, ohn alle Sünd,
In ihres Herzens Grunde.

8
Wie nun die Stadt viel Namen hat,
Das reicht auf Christi G’meine.
Dieselbig ist in dieser Frist,
Gottes Tempel alleine.
Ihr Grund vest bist, Herr Jesu Christ,
Vom Heil`gen Geist beschlossen,
Der sie bekleidt mit G`rechtigkeit,
Sein Kraft hat sie durchflossen.

9
Diese Gemein thut artlich fein
Der Heil’ge Geist abmahlen
Durch sieben Stern, und Beyleuchtern
Bedeut die reine Gaben
Und sieben G’mein, die seynd mit eyn,
Von Gott erleuchtet worden.
Herr Jesu Christ, ihr G’mahel ist.
Hat ihm die Braut erkohren.

10
Vernimm die G’mein in dieser Zeit,
Thut sie noch an ihr tragen
Ein irrdisch Kleid von Blödigkeit,
Deß wird sie auch entladen
Nach dieser Zeit, da wird bereit
Jerusalem verneuet
In Gottes Schein, erkläret rein,
Darin`n sich ewig freuet.

11
Wie nun die Stadt zwölf Pforten hat,
Als ich vor hab bekennet,
Ein jedes Thor ein Perlein war
Darbey werden genennet
Die zwölf Geschlecht, Israels Knecht,
Der erstgebohrnen G’meine,
Ihr Eingang hat, reicht in die Stadt,
Pforten sie deuten seine.

12
Der Grund der Stadt zwölf Namen hat,
Des Lamms Apostel g’nennet.
Die zwölf Grundstein sie deuten sein,
Christus hat sie gesendet
Nachs Vaters Rath zum Bau der Stadt,
In G’rechtigkeit alleine,
Ihr Arbeit ist in Jesu Christ
G’wesen an seiner G’meine.

13
Das merk behend, da wird uns g`nennt
Alt und neu Testamente.
Im Alten war Israels gar
Gott zwölf G’schlecht zu ihm wendte,
Die zwölf Perlein erklären fein
Das göttlich Wort so reine,
Dasselb annahm, ein jeder Stamm,
Gott verheiß ihn alleine.

14
’s Neu Testament, das Alt vollendt,
Thut all`s zusammen schliessen,
In dieser Zeit, und Ewigkeit,
Die Frommen ein Geist niessen,
Dadurch die Stadt ihr Breitung hat,
Als ich vor hab erzählet.
Dein Volk da ist, in Jesu Christ
Durch ihn zugleich erwählet.

15
Was ich dir nun hab melden thun
Von Gold und Edelg`steine,
Dasselb bedeut Gerechtigkeit
Beschleußt Christi Gemeine.
Dann Creatur, zeigen uns nur,
Was künftiglich soll werden
Nach dieser Zeit, mit Reinigkeit
Wird voll Himmel und Erden.

16
Johannes b`richt uns, da er spricht:
Der erst Himmel und Erden
Wurden behend, von Gott verwend,
Thäten verneuert werden.
Da stieg die Stadt, spricht er von Gott,
In Herrlichkeit thät kommen.
Die Hütten rein war Gott`s Gemein,
Erleucht wie die hell Sonne.

17
Merk auf den B’richt, wenn das geschicht,
Dann wird erfüllet seyne,
Wie ich hab g’meldt und vor erzählt,
Jerusalem die reine,
Da ist sie gleich, in Gottes Reich
Seynd all heilig gemeine.
Die Gottes Rath verordnet hat
In Christo dem Sohn seine.

18
Jerusalem, solt du verstehn,
Wird da erfüllet seyne
Mit aller Speiß, bereit mit Fleiß,
Von Creaturen reine,
Frucht, Oel und Wein wird ohn Zahl seyn,
Das ewiglich wird währen,
In Lustbarkeit, und grosser Freud,
Fleußt her von Gott dem Herren.

19
Darinnen ist kein Zeit noch Frist,
Wenn das erst ist vergangen.
Der Tod und Leid, von ihnen scheid.
Ewigkeit hat ang`fangen.
Die Ding seynd groß, ohn Zahl und Maaß,
Das in kein Herz ist kommen
Was unser Gott verordnet hat
Den Heiligen und Frommen.

20
Das vernimm schon: die Bäum da stohn,
Thun mancherley Frucht tragen,
Gebens bereit, all Monden Zeit,
Thut uns Johannes sagen.
In Adam war zerbrochen gar
Der Weg zum Baum des Lebens,
Christus der hat mit seinem Tod,
Den wieder b`reitet eben.

21
Wer auf dem Pfad will zu der Stadt,
Da muß erfüllet werden,
Wie Christus hat g’stellt Creutz und Tod
Allhie auf dieser Erden.
Wer überwindt, man g`schrieben findt,
Dem wird sein Erbtheil geben
In dieser Stadt, das redet Gott,
Ewiglich soll er leben.

22
Johannes b`richt uns, da er spricht:
Sie haben überwunden
Durch Lämmleins Blut, in sein`m Wort gut
Darin haben sie funden
Das Hochzeit=Kleid, ist G’rechtigkeit,
Damit die Braut war zieret
Vom Bräutigam, der sie aufnahm,
Thät sie zur Hochzeit führen.

23
In dem Kleid rein, das werden seyn
Die Seelen, die da sassen
Unterm Altar, deren Blut war
Um Gottes Wort vergossen.
Der Altar ist Herr Jesus Christ,
Den sie haben bekennet.
Darum ihn`n Gott ein weisse Watt
Anlegen thut behende.

24
Vernimm die Schaar unterm Altar,
Mit Klag sie jetzund sprechen,
Wann wilt du, HErr, du Heiliger,
Unser Blut wieder rächen?
Der Herr sie b’richt, zu ihnen spricht:
Wann euere Mitglieder
Nach dem Wort mein erfüllet seyn
Will ich euch rächen wieder.

25
Die Schrift bekennt uns zwo Urständ,
Lebenden und der Todten.
Die erst wird seyn der Heilgen rein,
Die`s Lamms Blut g’waschen hatte,
Ueber die hat kein G’walt der Tod,
Sie seynd versiegelt worden
Mit Gottes Geist, der hat sie g`weißt,
Und wieder neu gebohren.

26
Die auferstehn, zum Leben gehn,
Seynd die Heilgen und Frommen,
Im Augenblick durch Gott`s Geschick,
Mit ihm werden sie kommen
Zum G’richte sein, mit hellem Schein,
Das Christus selbst thut melden,
Ihr werd sitzen auf zwölf Stühlen,
Mit mir das Urtheil fällen.

27
Wie nun die Stadt, vier Ecken hat,
Auf jeder Seit drey Thore,
Morgen, Mittag, Abend, Mitternacht,
Die Zahl vier Seiten waren.
Das deuten ist, zu dieser Frist
Die vier Enden der Erden,
Drauf g`streuet seyn die Heilgen rein,
Allda sie g`sammlet werden.

28
Die Schrift sagt klar, dieser Stadt Thor
Die werden nicht verschlossen,
Wer treibt die Lüg, Sünd und Betrug,
Wird nicht hinein gelassen,
Sondern allein welche da seyn
G’schrieben im Buch des Lebens,
Die kommen b’hend, von der Welt End,
Die Stadt wird ihnen geben.

29
Dann werden stohn vor Gottes Thron,
Mit vier und zwanzig Alten,
Denn das Lamm hat g’wäschen ihr`n Watt,
Gott loben mannigfalte.
Der Heilgen G’bät der Engel thät
In dem Rauchfaß erzeigen,
Das in der Zeit und Ewigkeit
Vor Gottes Thron thut steigen.

30
Der Heilge Geist das Lob beschleußt
Der Heiligen und Frommen,
Sie sprechen b`reit: gebenedeyt
Sey Gott, der an hat g`nommen,
Sein grosse Kraft, uns hat geschafft
Neu Himmel unde Erden,
Was unser Gott verheissen hat,
Soll noch erfüllet werden.

31
Die heilig Schaar, wird tausend Jahr
Mit Christo wohl regieren
Eh dann das G’richt, an denen g’schicht,
Die ihr Sünd hie vollführen,
Biß daß ihr Zahl, auch werde voll,
Die das Siegel nicht halten,
Da wird ihr End kommen behend,
Und auf sie alle Plagen.

32
Da gibt das Meer die Todten her,
Die Höll mit sammt der Erden,
Die auch erstehn, zum G’richte gehn,
Nach der Schrift sie g’richt werden.
Vernimm die Schaar, nicht funden war
G’schrieben im Buch des Lebens.
Darum ihn`n gleich der feurig Teich
Zur ew’gen Straf wird geben.

33
Dann werden seyn ewig in Pein,
Die Gott haben verachtet,
Auf dieser Erd, stuhnd ihr Begehrd,
Nur Gottes Volk zu schlachten.
Darum die Maaß in ihren Schoß
Ihn`n zweyfältig wird geben,
Das Heil’ge Blut Gott rächen thut,
Und auch ihr sündlich Leben.

34
Da ist ihr Plag auf einen Tag
Gar schnell über sie kommen
Qual, Pein und Tod, sie troffen hat,
In Schmerz essen ihr Zungen.
Allda sie Gott geschlachtet hat
Zur Speiß den Vögeln g`meine,
An jenem Tag, fäht an ihr Plag,
Der Gottlosen in Peine.

35
Wie waren wir in Lust und Zier
Bey Gold, Seiden und Rosen,
Was Nutz hat g’macht, all unser Pracht?
Sprechen da die Gottlosen.
All diese Ding vergangen sind
Wie ein Rauch thut zerfahren.
Wir waren blind in unser Sünd,
Hielten fromm Leut für Narren.

36
Diese da seynd die letzte Feind,
Da Paulus von thut sagen,
Welche aus Gott, machen ein Spott,
Darum er sie wird plagen.
Vernimm die Feind geleget seynd
Zum Schemel Christi Füssen.
Christus der Herr mit sein`m Scepter,
Hat sie damit zerschmissen.

37
Da Gottes Rath vollendet hat,
Mit A und O wird b’schlossen,
Da wird der Sohn seyn unterthon
Dem Vater den G’walt lassen.
Daß Gott allein sey alles g’mein,
Wie er je ist gewesen,
Christus s’ Wort heißt, sich in Gott schleußt,
Als wir in Schriften lesen.

38
Das Unterthon solt du verstohn,
Auf die Gottes Gemeine,
Dieselb eins ist, in Jesu Christ,
Durch ihn richt sie alleine,
In dieser Zeit den G’walt ihr geit
Der Heilig Geist zu schliessen.
Nach dieser Frist, kein G’richt mehr ist,
Thut alles in Gott fliessen.

39
Vernimm: wie Gott im Anfang hat
Gemacht Himmel und Erden,
Der Anfang da, bedeut das A,
Im O thut vollendt werden,
Alles was Gott verordnet hat
Von Ewigkeit vorsehen,
Anfang und End sich Christus nennt,
Durch ihn thut alles g’schehen.

40
Da fäht an b`reit, die ewig Freud,
Als du vor hast vernommen,
Die von Gott fleußt, niemand sie b`schleußt,
Allweg quellt dieser Brunnen.
Dasselb vernimm, des Bräutgams Stimm,
Mit sammt der Braut thut sagen:
Wen dürst, der komm zu`s Lebens Brunn,
Thu sein Seel daran laben.

41
Also hast schon vernehmen thun
Von Jerusalem dem Neuen,
Wer da ist rein, der kommt hinein,
Thut sich darinnen freuen.
Wer aber hie spat unde früh
In Sünd, Laster thut leben,
Dem wird fürwahr, ist hell und klar,
Kein Erbtheil darinn geben.

42
Sondern er wird geleich geführt,
Da alle Hund thund seyne.
Draus vor der Stadt, da ist ihr Ort,
In der ewigen Peine.
Das g’wißlich g`schicht, nach Gotts Gericht,
Himmel und Erd muß brechen,
Eh Gottes Wort solt seyn ein Spott,
Als der Herr selbst thut sprechen.

43
Drum Menschenkind, vermeid die Sünd,
Allhie auf dieser Erden.
Würk rechte Buß, folg Christi Fuß,
Thu dich zu Gott bekehren.
Dann die b`stimmt Zeit ist nicht mehr weit,
Wird Gottes Straf ausgossen,
So du denn gern, dich woltst bekehrn,
Wirds dir nicht zugelassen.

44
Ihr Christen g’mein, nehmt Warnung ein
Bey`n thörichten Jungfrauen,
Deren Licht war, verloschen gar,
Sie mochten Gott nicht schauen,
Daß sie ihr Zeit, in Schläfrigkeit
Allhie hatten verzehret,
Darum sie Gott verstossen hat,
Die Thür ward ihn`n versperret.

45
O Herr! allein aus Gnaden dein
Wollst deiner Braut Sieg geben
Auf dieser Erd, daß in ihr werd
Erfüllt deins Sohnes Leben.
Du Gottes G’mein, halt den Bund rein,
Deins G’mahles Christi eben.
Ein kleine Zeit, dich duld und leid
Er wird dir bald Ruh geben.

46
Gott Zebaoth, welcher da hat
Alle Ding lassen werden,
Den lob allein in der Kraft sein,
Was lebt im Himmel und Erden.
Daß er uns ist, in Jesu Christ
Den Weg der Wahrheit weisen,
Darum, o Gott, dein heil’ges Wort,
Dir ewig geb den Preise.
Amen.