Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 102. Lied

Ein ander schönes Lied.
Im Ton: „O Sohn David, Herr, ich bitt ⁊C. (9)
M.S.

1
Mein Muth und Sinn steht mir dahin,
Daß ich ein Lied soll machen,
Vom Widerchrist, zu dieser Frist
Erzählen all sein Sachen,
Wie er sich hat, an Gottes Statt
Gesetzt in dieser Zeite
Wie uns die Schrift, ganz wohl bericht,
Merket darauf, ihr Leute.

2
Daran solt ihr ihn kennen schier,
Auf seine Werk acht haben.
Er tritt herein in einem Schein,
Thut euch viel davon sagen.
Er gibt Gebot, früh unde spat,
Nach seines Herzens Willen,
Sagt auch dabey, daß es Sünd sey,
Wer es nicht thut erfüllen.

3
Paulus bericht in seiner G’schrift
Uns, daß wir ihn wohl kennen.
Er spricht, er werd auf dieser Erd
Sich als ein Gott fürwenden,
Wer ihm nicht glaubt, er den aufklaubt,
Thut ihn zum Land austreiben,
So er davon nit ab will lohn,
So muß er den Tod leiden.

4
Gottes Gebot, früh unde spat,
Thut er alle verkehren.
Er muß seyn gut, nach seinem Muth,
Thut die Leut also lehren.
Er geht herein, in einem Schein,
Thut Geistlichkeit erzeigen,
Die er selbst tragt, nach seinem Pracht,
Man muß sich vor ihm neigen.

5
Alle Ding hat im Anfang Gott
Erschaffen gut und reine.
Mit ganzem Fleiß, den Menschen speiß,
Ihn drum zu ehr`n alleine
Die soll er frey, ohn alle Scheu,
Zu seiner Nothdurft haben,
Sein Lebenlang Gott sagen Dank
Um alle diese Gaben.

6
Der Widerchrist, mit seinem List,
Hat es ganz thun verkehren,
Wie`s ihm gefällt, lehrt er die Welt,
Thut ihn`n etlich Speiß wehren,
Andert die Zeit, casteyt die Leut,
Müssen ein Fasten haben,
Feyren viel Tag, dabey ihn mag
Kennen, wer Acht will haben.

7
Weiter bericht uns auch die Schrift
Daß ein jeder soll haben
Ein ehlich Weib, für seinen Leib,
Die ihm thut Kinder tragen,
Daß ihr`r viel werd, auf dieser Erd
Als Gott Befehl thut geben
Mit ganzem Fleiß, im Paradeiß,
Dem Adam und der Even.

8
Also noch mag auf diesen Tag
Die Eh gehalten werden,
In Reinigkeit, nach dem Bescheid,
Als Gott befahl dem ersten.
Dann die Eh ist, in dieser Frist
Ehrlich und gut bey allen.
Der Ehleut Bett ist unbefleckt
Die Eh thut Gott gefallen.

9
Der Widerspan will das nicht han,
Sein Sach thut er darbieten,
Daß man auf Erd, nicht ehlich werd
Thut er ein Theil verbieten,
Wie Gott die Welt, im Anfang g’stellt,
Das thut er ihm verwenden.
Merk auf, o Welt, Paulus klar meldt,
Daran soll man ihn kennen.

10
Ein Theil vom Haar hat er geschorn
Auf seinem Kopf ein Platten,
Welches doch Gott mit hellem Wort
Den Menschen hat verboten,
Den Bart solt er auch nicht abscheern,
Den thut er nicht behalten.
Machts Widerspiel, wie er nur will,
Sagt, es thut Gott gefallen.

11
Darum er ist, der Widerchrist,
Billig hat er den Namen
Weil er allzeit Gott widerstreit,
Und sich deß nicht thut schamen.
Will auch darzu, spat unde fruh
Von Menschen seyn geachtet
Heilig und rein als Gott`s Gemein,
Wers nicht glaubt, er den schlachtet.

12
Weiter er spricht, die Leut bericht,
Er mög die Sünd vergeben,
Wer ihm nur beicht, dem bald verzeiht,
Gilt gleich wie er thut leben.
Wann er nur hat das Götzenbrod
Von dem Pfaffen genommen,
Sagt er ihm zu, ewige Ruh,
Darein er solle kommen.

13
Er sagt auch frey, daß im Brod sey
Christus mit Fleisch und Blute.
Ists aber nicht, er hats erdicht.
Dann Christus melden thute,
Wann man sagt, da und anderswo
Wohnet Christus der Herre,
So glaubets nicht, es ist erdicht
Dann diß thu ich euch lehren.

14
Gleichwie der Blitz, vom Himmel glitzt,
Also wird auch erscheinen
Des Menschen Sohn, von`s Himmelsthron
Mit den Engelen seine.
Das g’schrieben steht, Christus hats g`lehrt,
Darum o Welt merk eben,
Der Widerchrist, zu dieser Frist
Dir Christum nicht kann geben.

15
Es ist ein Lug, B`schiß und Betrug,
All`s was er dich thut lehren,
Glaub ihm nur nicht, er hats erdicht,
Thut Gott sein Wort verkehren.
Dann Christus hat ein bittern Tod
Einmal für uns gelitten
Damit er hat, Sünd, Teufel, Tod
All sein Feind überstritten.

16
Jetzt hat er G’walt, gar allenthalb,
Im Himmel und auf Erden,
Beym Vater gut, er wohnen thut,
Mag nicht gegessen werden.
Dann er selbst spricht, das Fleisch nutzt nicht,
Mein Wort seynd Geist und Leben,
Wer die glaubt recht, derselben pflegt,
Gottes Reich ihm wird geben.

17
Christus bericht uns, da er spricht:
Was eingeht durch den Munde,
Dasselbig auch geht durch den Bauch,
Wird natürlich verschlungen,
Wie alle Speiß, merk auf mit Fleiß,
Wolt ihr den Herren g`niessen
Wie ander Fleisch, er ist ein Geist,
Man kann ihn nicht beschliessen.

18
Der Widerchrist, hat zugerüst
Ein Häußlein also schone,
Eine Monstrantz aus Gold gepflanzt,
Sein Gott darein gethone,
Darnach ihn fein, in einen Stein
Gesetzt, und hart versperret.
Wann ein Dieb käm, der ihn sonst nehm,
Der Gott sich gar nicht wehret.

19
Darzu hat er noch andre mehr
Viel Götzenwerk und Bilder
Die g`machet seynd, von Menschen Händ,
Aus Holz, Stein, Gold und Silber,
An welchem Gott ein Greuel hat,
Noch thut er also lehren,
Sagt es sey recht, gut und ganz schlecht,
Und g’falle Gott dem Herren.

20
Gott aber spricht: verfluchet ist,
Welcher ein Bild thut giessen,
Nach dem das fleucht, auf Erden kreucht,
Und im Wasser thut fliessen,
Das allesammt ist mir bekannt,
Und thut all`s durch mich leben,
Bin Gott dein Herr, darum mich ehr,
Das Lob solt du mir geben.

21
Darum, o Welt, merk auf dich selb.
Laß dich nicht mehr betriegen,
Den Widerchrist, mit seiner List,
Kehr dich nicht an sein` Lügen,
Sondern folg mir, was ich rath dir,
Wirst du Christum empfahen,
Steh von der Sünd, werd Gottes Kind,
Wird er sich zu dir nahen.

22
Bey deinem Gott sein Wohnung hat
Der sich zu ihm bekehret
Von Herzensgrund zu dieser Stund,
Sobald er sein Wort höret,
Von Sünden lath, ihm folgen thut,
Leben nach seinem Willen,
Bey deinem Gott wohnt früh und spat,
Sein Kraft thut ihn erfüllen.

23
Dann Paulus spricht im Buch der G`schicht:
Gott wohnt in keinem Tempel
Der bauet ist, zu dieser Frist,
Gemacht von Menschen Händen,
An keinem End, mit Menschen Händ,
Mag sein gepfleget werden,
Niemand je Gott gesehen hat
Allhie auf dieser Erden.

24
Weiter spricht Gott, an einem Ort:
Durch mich alle Ding werden,
Der Himmel ist mein Stuhl und Sitz,
Mein Fußschämel die Erden.
Womit wolt ihr dann bauen mir
Ein Haus zu meiner Wohnung?
Das allesammt ist durch mein Hand
Gemacht in rechter Ordnung.

25
Der Widerchrist, zu aller Frist
Will all Ding besser machen,
Was Gott rein gut erschaffen thut.
Er greift auch zu den Sachen,
Läßt ihms nicht stohn, wills besser hon,
Damit er Gott thut stehlen
Sein göttlich Ehr, als ob da wär
An seinem G’schöpf ein Fehle.

26
Ein junges Kind, ohn alle Sünd,
Das jetzt erst ist gebohren,
Welchs Gott rein gut erschaffen thut,
Spricht er, es ist verlohren.
Er nimmt es bald unter sein G’walt,
Und sagt, ich will austreiben
Teufel und Sünd von diesem Kind,
Er selbst thut kein Sünd meiden.

27
Er sagt vom Kind, es habe Sünd
Von Adam her thun erben,
So doch die Schrift deß uns bericht,
Daß Christus mit sein`m Sterben
Hab wieder bracht, was Adam hat
Zerbrochen und zerstöret.
Dem Widerchrist das nicht gnug ist,
All Ding er Gott verkehret.

28
Das Element, Wasser genennt
Läßt er nicht also bleiben,
Wie es dann Gott erschaffen hat,
Er will es besser weihen,
Damit das Kind von seiner Sünd
Soll rein gewäschen werden,
Wiewohls nicht glaubt, dennoch ers tauft,
Sonst müßts verdammet werden.

29
Wann er ihm hat im Sudelbad
Den Chrysam an thun schmieren,
So es dann stirbt, nicht mehr verdirbt,
Die Engel werdens führen
In Gottes Reich, ist eben gleich,
Als ob Gott nicht hätt mögen
Die Seligkeit, und ewig Freud
Den Kindlein ohn das geben.

30
Also gibt er ihm selbst die Ehr.
O Welt, das vernimm eben
Gott ist ein Herr, dem g`hört die Ehr,
Man solls sonst niemand geben.
Heilig und rein ist Gott allein,
Sein Werk gut und gerechte,
Das Widerspiel, der Satan will,
Mit ihm der schalkhaft Knechte.

31
Nun schaut wer ist der Widerchrist,
Ihr solt ihn nun wohl kennen,
Jetzt ist gemeldt, zum Theil er eilt,
Wie er allzeit thut schänden
Mit all sein`m Thun, Gott in sein`m Thron,
Thut ihm sein Ehr abrauben.
Darum, o Welt, merk darauf selb
So wirst ihm nicht mehr glauben.

32
Thu dich bekehrn, zu Gott dem Herrn,
Glaub seinem Wort mit Treuen,
Laß allen Wahn, und Greuel stohn,
Thu deine Sünd bereuen.
Laß dir seyn leid all dein Boßheit
Und Sünd, die du thätst treiben,
Thu sie nicht mehr, wird dir der Herr
Nachlassen und verzeihen.

33
Steh von der Sünd, werd Gottes Kind,
Thu nach sein`m Willen leben,
Wirst du mit Fleiß ihm Lob und Preiß,
Von ganzem Herzen geben.
Alsbald auf ist, der Widerchrist,
Mag dich nicht länger leiden,
So du nicht mehr ihm gibst die Ehr,
Thut dich zum Land austreiben.

34
In seinem Zorn mußt seyn verlohrn,
Das will ich dir vor sagen,
Stehst von der Sünd, wirst Gottes Kind,
So mußt du das Creutz tragen,
Als Jesus Christ, welcher da ist
Ein Sohn Gottes gebohren.
Folgst du ihm nach mit Creutz und Schmach,
Bist zu sein`m Reich erkohren.

35
Der Widerchrist, fast wütend ist.
So man ihm nicht will glauben.
Er tobt und wüt, hat gar kein Güt,
Mit Pein thut er hart drauen.
Ist einer fromm, gibt nichts darum,
Er thut ihn bald angreifen
Mit Pein ohn Maaß, und Marter groß,
Ob er ihn mögt abreißen.

36
Wer nicht hie Pein, will nehmen ein,
Um Gottes Wort thun leiden.
Fleucht Christi Creutz, ist ihm ein scheitz,
Wird Gottes Reich vermeiden,
Wilt das ein` hon, mußt`s ander lohn,
Beyde magst du nicht haben.
Dann der Welt Freund ist Gottes Feind,
Thut uns die Schrift klar sagen.

37
Wohlan Mensch, dir ist g`leget für
Der Fluch und auch der Segen,
Welchs dir nun gleicht, zum selben greiff,
Was du wilt, wird dir geben.
Gott niemand zwingt, noch zu sich dringt,
Wer recht thut, der wird leben,
Dem bösen Knecht, der thut unrecht,
Sein Lohn wird ihm auch geben.

38
Zu solcher Frist der Widerchrist,
Und all die ihm gehorchen,
Werden zu Hand, gleich allesammt
Ins ewig Feu`r geworfen,
Da wird nichts seyn dann ewig Pein.
Darum, o Welt, merk eben,
Lieber hie leid ein kleine Zeit,
Soll dir Gott sein Reich geben.

39
Wer ewiglich in Gottes Reich
Bey Gott in Freud will leben,
Der werd kurtzum heilig und fromm,
Thu in Reinigkeit leben.
Der Widerchrist, ein Lügner ist,
Will dir dein Sünd verzeihen,
Er sagt dir zu ewige Ruh,
Er selbst muß haussen bleiben.

40
Kehr dich von ihm, mit deinem Sinn,
Zu Gott solt du dich nahen,
So wird er dich, ganz sicherlich
Vie ein Vater empfahen,
Als seine Kind, die alle Sünd
Von ganzem Herzen meiden.
Wirst du nit lohn, Antichrists Wohn,
Mußt ewig mit ihm leiden.

41
Also ich schon beschlossen hon,
Mensch laß dirs gehn zu Herzen,
Thu dich bekehr`n zu Gott dem Herrn,
Vermeid ewigen Schmerzen.
Des Ant’christs Thun, ist nur ein Wahn,
Nun solt du ihn wohl kennen.
Ist nimmer ferr, wird ihn der Herr
Ewig mit Feu`r verbrennen.
Amen.