Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 1. Lied

Giebt einen Bericht, wie die Christen im Geist und Wahrheit singen, bäten und psalmiren sollen:
Und geht im Ton, “Es ist das Heil uns kommen her,“ ⁊C. (3)

1
Das erste Gesetz.
Obgleich die Harf, ist gut und scharf,
Daß sie in Ohren klinget,
Noch laut sie nicht, sie sey dann g’richt,
Kein Seyt ihr`n Hall recht bringet,
Wo man nicht recht, greift oder schlägt,
Mit Kunst frey kühr, nach Tablatur,
Collectur und gut Rieflen.

2
Eben also, hält sichs auch do,
Mit Davids Psalmen gute,
Wann du nicht bist, ein rechter Christ,
Sondern nach Fleisch und Blute,
So klingst nicht zwar, in Gottes Ohr,
Ob du gleich meinst, du seyst Gott`s Freund,
Und habst recht Davids Harfen.

3
Bist du guts Muths, voll Freuds und Guts,
Daß dein Mund überlaufet,
Alsdann brich aus, zur Thür ins Haus,
Würk was Gott in dir schaffet,
Sein`s Geist`s Inbrunst, sonst ists umsonst,
Es hilft doch noch nicht, des Gleißners dicht,
Es wird ein hölzern G’lächter.

4
Thu her dein Ohr, geh wäsch dich vor,
Lern wohl thun, das Recht üben,
Gerechtigkeit, Barmherzigkeit,
Und deinen Nächsten lieben:
Komm dann, biß still, nach deinem Will,
Wie sichs gebührt, du wirst erhört,
Eh du aufhörst zu bitten.

5
Auch sing und bitt, recht wie David,
Sonst ists ein leer Getümmel,
Viel laut Geschrey, kein Woll noch Ey,
Wie der Heuchler Gebrümmel
In Mattheo, und auch Luca:
Ihr Mund schreyt her, ihr Herz ist fern
Vom Grund wohl tausend Meilen.

6
Sanct Paul uns heißt, durch Christi Geist
Lobsingen und psalmiren,
Jacob dem Bott, folg du in Gott,
Den Herren preiß mit Zieren;
Gleich wie David so laut dein Bitt,
Sonst wirds Gebet, zur Sünd geredt,
Gott hört kein gottlos Brüllen.

7
Vor Gott recht bät, mit Buß, wie thät,
Der hinten stund im Tempel.
Ders Gebot hält, der ist erwählt;
Drum bitt nach recht Exempel.
Ob man hört schon, den Mund nicht gohn,
Wie Moses stumm, und Hanna fromm,
Noch hört Gott was du bittest.

8
Viel stellen sich gleichwohl kläglich,
Als wärs ihn`n herzlich Ernste:
Sie kommen her, wohl zu der Lehr,
Demüthig redt der härtste.
Ein jeder meynt, sie wären Freund,
Durch Christi Lehr erbauet sehr,
Wenn sie also psalmiren.

9
Man fragt und lauft, ja daß man oft
Dein Wort mit Ohren höret,
Rührts doch niemand, mit ein`m Glied an,
Zu thun nach reiner Lehre.
Ach das ist fern, von dir o Herr,
Machen nur viel Lieder=Kurzweil,
Mit dem Mund blos hofieren.

10
Recht sagt der Herr, nicht ein jeder,
Der ruft und schreyet Herre,
In mein Reich kommt, der also brommt,
Sondern wer thut mein Lehre.
Sonst kenn ich nit, den der da bitt;
Der Gleißner Art das Herze spart,
Gott ehret nur mit Lefzen.

11
Heb auf dein Händ, gen Gott dich wend
Mit deiner Seel und G’müte,
Vor Gott recht tritt, von Herzen bitt,
Und dank ihm seiner Güte:
Dann klingt es wohl, ist Freuden voll,
Sonst hat dein G’sang Ton oder Klang,
Ist nur ein Zungen=Dreschen.

12
Das Herz nur singt, was vor Gott klingt,
Dein Mund ist nur Dolmetsche,
Wann dein Herz steht, wie dein Mund geht,
In des Herren Gesetze:
Der Christi Bund, nimmt in den Mund,
Was sein Maul brumm, weiß`s Herz nit um,
Gott spricht: weicht aus ihr Spötter.

13
Christus straft rauch, den Mißgebrauch,
Den treibt des Satans Rotte:
Wie auch straft Paul, daß man so faul,
Als jeßt in dieser Nothe,
Die Sylben hellt, ohn Geist erbrellt,
Geht nur im Schein, ist all`s unrein,
Wiewohl sie schön thun singen,

14
Ein Werk ohn Glaub, hält kurz die Prob,
Was Cains Rott singt und thute,
Ee muß Abel, da seyn ohn Fehl,
Der Unfalsch thut das Gute.
Dir geb die Ehr, des Himmels Heer,
Mit Herz und Zung, Alte und Jung,
Durch Jesum Christum, Amen.