Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

Zum Inhaltsverzeichnis

Defensiones Oppositionum, Oder Ablehnung der Gegen=Würfen

Zum ersten sagen unsere Widersprecher, es stehet geschrieben: „Lasset die Kindlein zu mir kommen, dann solcher ist das Reich der Himmeln”. So dann sie die Verheissung haben, warum sollen sie dann nicht auch die Taufe empfangen, das doch weniger ist dann die Verheissung? (Matth. 19; Marc. 10; Luc. 18)

Antwort.
Wir glauben und bekennen, daß die Kinder selig seyen um der Verheissung willen. Daß aber die Seligkeit an die Taufe gebunden seyn soll, das bekennen wir nicht. (Matt. 18; Ephes. 2, 1; Joh. 1, 2; Col. 1, 2)

Dann da Christus den Kindlein das Reich Gottes zusaget, (Marc. 9) waren sie nicht getauft, und er hat sie auch nicht getauft, sondern hat sie umfangen, und Gutes zu ihnen gesprochen oder sie gesegnet: Auch bezeuget Christus die Ursache, warum die Kinder Gott angenehm sind, sintemal er sie den Alten zum Exempel setzet, und ermahnet uns, daß wir ihnen gleichförmig werden, dann also sagt er zu seinen Jüngern: „warlich ich sage euch, es sey dann, daß ihr euch umkehret und werdet als die Kinder, könnet ihr nicht in das Reich der Himmeln kommen, wer sich aber erniedriget wie dieß Kind, der ist der größte im Reich GOttes. (Matth. 18; Marc. 9; Luc. 9)

So wir dann ermahnet werden, den Kindern gleich zu werden, so ist es unwidersprechlich, so lange sie in der Einfalt bleiben, werden sie für Gott unschuldig gehalten, und ihnen wird von Gott keine Sünde zugerechnet, und wiewohl sie der sündlichen Art und Natur sind, aus der Eigenschaft Adams, so ist doch noch etwas bey ihnen, das Gott gefällt, nämlich die Einfalt und Demuth; doch werden sie allein selig durch die Gnade Christi. (1 Corinth. 14; Ephes. 4; Deut. 1; Colloss. 1,2; Matth. 11; Ephes. 2; Actor. 15)

Daß aber etliche die Kinder verdammen, so sie nicht getauft sind, das ist eine Verachtung des Bluts Christi. (Joh. 1; Röm. 5) Dann die Sünde Adams und der gantzen Welt ist versühnet durch das Opfer Christi, (1 Johan. 2.) und den Kindern wird keine Sünde zugerechnet, (Heb. 9, 10) dann allein von Adam. (Römer 5) Wie könnten dann die Kinder verdammt seyn?

Wer will die Kinder beschuldigen, um welcher willen Christus sein Blut vergossen hat, (1 Joh. 1, 2) Wer will die verdammen, denen Christus das Reich GOttes zugesaget hat? (Matth. 18; Marc. 9; Luc. 9) Wer will die Heilige Schrift verleugnen, die so ausdrücklich zeigt, (Joh. 1; Röm. 5; 1 Johan. 2) daß die Sünde Adams und der gantzen Welt hinweg genommen sey? (Coloss. 2) Die Handschrift, so wider uns war, ist ausgetilgt und an das Creutz geheft. (Röm. 5) Die Gnade hat überhand genommen über die Sünde, (2 Timoth. 1) und das Leben Christi hat den Tod überwunden.

Darum wer da sagt, daß die Kinder verdammt seyen, oder sie um der Erbsünde beschuldigen will, der verläugnet den Tod und Blut Christi.

Dann so die Kinder um der Sünde Adams verdammt sind, so ist Christus vergeblich gestorben, so ist Adams Schuld noch auf uns und durch Christum nicht versöhnet, so hat die Gnade über die Sünde nicht überhand genommen durch Christum; aber das sey ferne. (1 Cor. 15; Röm. 5, 8; Colos. 1, 2; 1 Joh. 1,2; Ephes. 2; Gal. 3)

Dann die Gnade Gottes ist reichlich allen Menschen widerfahren, alle Vermaledeyung, Fluch und Sünde der gantzen Welt ist durch Christum hinweg genommen, (1 Johan. 2; Matt. 18) und wie die Alten durch den Glauben, also die Kinder aus Einfalt selig werden, aber alles aus Gnaden, (Ephes. 2; Actor. 15) So ist noch zu verantworten, so sie dann selig sind, warum sie dann nicht getauft warden sollen.

Erstlich darum, daß wir dessen kein Gebot von Christo haben, Abraham aber hat ein Gebot vom Herrn empfangen, er solle alles was männlich war, auf den achten Tag beschneiden lassen. Nun hat er kein Verbot von den Frauen empfangen, (auch seinem Gutdünken nicht gefolgt) sondern nach dem Befehl Gottes, allein die Knäblein beschneiden lassen; und die Beschneidung war das Bundeszeichen, so Gott mit Abraham hat aufgericht, und waren die Frauen doch so wohl als die Männer in dem Bund begriffen. (Genes. 17,21)

Und abermal, da Israel in der Wüsten war, und hatte schwerlich wider den Herrn gefündiget, also daß Gott sprach, sie sollten nicht in das verheissene Land kommen, und das um ihres Unglaubens willen, da sprach der Herr: „Aber eure Kinder, die an diesem heutigen Tag weder Gutes noch Böses wissen, die werdens einnehmen. (Num. 14; Deut.1, 2)

So nun der Herr den Kindern (die er auf den achten Tag hat befohlen zu beschneiden) barmherzig ist gewesen, und ihnen das Land verheissen, daß sie es einnehmen sollen, wie viel mehr soll dann seine Gnade jetzt seyn über die Kinder, da Christus für gestorben ist? (Römer 8)

Zum anderen, sagen unsere Widersprecher, daß der Herr zu Nicodemo saget: „Es sey dann daß jemand gebohren werde aus dem Wasser und Geist, mag er nicht kommen in das Reich Gottes. (Joh. 3) Daraus soll dann folgen, daß niemand in das Reich Gottes komme, er sey dann mit Wasser getauft.

Antwort.
Daß die Worte Christi nicht auf die Kinder zu verstehen seyen, bezeuget der vorige Spruch, so der HErr zu Nicodemo saget, nämlich: „Wahrlich, wahrlich sage ich dir, es sey dann, daß jemand von oben herab gebohren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.” (Johan. 3)

Aus diesem Spruch hören wir, daß Christus Nicodemo die Wiedergeburt fürhält, die allein geschicht durch Gottes Wort, (Jacob. 1; 1 Pet. 1. 1; Cor. 4; Gal. 4) wie oben genugsam in meiner Bekenntniß erkläret ist. Und darnach sagt Nicodemus: „wie kann dann einer, wann er alt ist, wieder in Mutter Leib gehen, und gebohren warden?”

Mercket, daß er gesagt, wann er alt ist; daraus verstehet man wohl, daß der Herr nicht von Kindern geredet hat; und darnach sagt er also: „Es sey dann daß jemand aus Wasser und Geist gebohren werde, kann er in das Reich Gottes nicht kommen.

Daß dieß nicht von Kindern geredet ist, bezeugen abermals die nachfolgenden Worte, nämlich: „Was vom Fleisch gebohren ist, das ist Fleisch, und was vom Geist gebohren ist, das ist Geist.

Lasset euch nicht verwundern, daß ich gesagt habe: ihr müsset von neuem gebohren werden. Dann der Wind bläßt, wo er will, und ihr höret sein Rauschen wohl; aber von wannen er kommt, und wohin er gehet, das wisset ihr nicht. Also ist ein jeder, der aus dem Geist gebohren ist.“ (Joh. 3)

Mit diesen Worten giebt Christus zu verstehen, daß der neugebohrne Mensch geistlich wird, und aus dem Geist gebohren, geistlicher Art und Natur, wie Petrus sagt: „Wir sind der Göttlichen Natur theilhaftig worden, so wir fliehen die vergänglichen Lüsten dieser Welt. Daran mag ein jeder erkennen, ob er aus dem Geist geboren ist, nämlich so er des Geistes Eigenschaft hat, gleich einer vom Fleisch gebohren, (Joh. 3; 1 Cor. 15) hat des Fleisches Eigenschaft und Natur, ein jedes in seiner Ordnung, die Vögel haben ihre Art, insonderheit die wilden Thiere, die Menschen auch, ein jeder ist gesinnet, gleichwie dasselbige, davon er gebohren ist. Der dann aus dem Geiste gebohren ist, der ist auch also geistlich gesinnt, (Römer 8) Darum sagt Paulus: „Die der Geist GOttes treibt, die sind Gottes Kinder.”

Zum letzten sagt er zu Nicodemo: „So ihr nicht könnt begreifen oder glauben, wann ich euch von irrdischen Dingen sage, wie wollet ihr dann glauben, wann ich euch von himmlischen Dingen sagen würde?”

Hie achtet der Herr die himmlische Dinge höher, dann irrdische zu begreifen, und die Kinder vernehmen nichts von irrdischen, viel weniger von himmlischen Dingen. Deut, 1.

Darum auch Paulus sagt, (1 Corinth. 1) „Werdet nicht Kinder am Verstand, sondern seyd Kinder an der Boßheit, am Verstand aber seyd vollkommen. Dann der Glaube ist nicht ohne Verstand zu greifen, sintemal es Paulus an einem andern Ort saget: „Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht deß, das zu hoffen, eine klare Offenbarung, ja eine gewisse Ergreifung deren Dingen, die man nicht siehet. (Hebr. 11) Sintemal der Glaube so eine Kraft in sich hat, daß er sich allezeit schicket nach himmlischen Dingen, und suchet was droben ist, da Christus ist, sitzende zu der rechten (Hand) Gottes. (Röm. 1, 8; Coloss. 2, 3; 1 Timoth. 1)

Daß die Kinder solchen Glauben nicht haben, zeuget die Erfahrung und auch die Schrift, wiewohl etliche sagen: GOtt kann den Kindern den Glauben wohl geben. Das bekenne ich auch, und nicht allein den Glauben, sondern auch Verstand, damit man den Glauben greifen muß, ja auch die Sprach, daß sie es bekennen. (Was aber die Kinder für Glauben haben, beweisen sie in ihrem Leben und Früchten.)

Aber wiewohl GOtt allmächtig ist, und thut nach seinem Willen, dem niemand widerstehen mag, so hält er doch in allen seinen Werken eine Ordnung, wie es ihm wohlgefällt. (Jerem. 13; Esaj. 45, 64; Röm. 9; Levit. 10; 1 Reg. 15)

Darum ein jeder wohl mag zusehen, daß er durch sein eigen Gutdünken GOtt nicht meistere, dann er hat alles wohlgemacht, ihm sey ewig Lob, Preiß und Ehre, Amen.

Dieweil dann dieß die wichtigsten Sprüche seynd, damit man die Kinder=Taufe will beweisen, so habe ich die selben nach meiner Wenigkeit beantwortet. Auf daß aber meine ehrsame Herren nicht überdrüßig werden, über mein langes Schreiben, so will ich es hiebey bleiben lassen. Jedoch, so meine ehrsame Herren etwas weiters Antwort begehren, (so viel in mir ist) bin ich willig und erbietig zu antworten. (1 Petr. 2,3) GOtt gebe uns allen seine Gnade, Amen.

Thomas von Imbroich,
E. G. W. Unterthaner.